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Horst Hübel Würzburg 2005 - 2014
Geschlossener Stromkreis |
1. Es ist widersinnig zu behaupten, wie das manche Lehrbücher tun, ein geschlossener Stromkreis beginne am positiven Pol der Stromquelle und ende am negativen Pol. Wesentlich für das Verständnis eines elektrischen Stromes ist die Tatsache, dass er überall im unverzweigten Stromkreis fließt, dass bereits überall vorhandene Ladungen in Bewegung gesetzt werden, dass diese aus der Stromquelle heraus durch den Stromkreis zur Stromquelle zurück und durch diese wieder hindurch fließen. Von Girdwidz stammt ein eindrucksvoller Versuch mit einem auf dem Hall-Effekt beruhenden (Gleichstrom-) Zangen-Amperemeter, mit dem der Strom durch die Stromquelle gezeigt wird. Aus diesem Grund ist die Regel, dass ein Strom vom Plus- zum Minuspol fließe, nur zu 50% richtig. In den anderen 50% fließt er vom Minus- zum Pluspol, nämlich durch die Stromquelle hindurch (technische Stromrichtung). Die Regel muss heißen:
Außerhalb der Stromquelle fließt der Strom vom Plus- zum Minuspol, innerhalb fließt er vom Minus- zum Pluspol weiter. |
Damit würde man das Problem verschieben, aber nicht beseitigen. Hätte man die Stromrichtung als die Bewegungsrichtung der Leitungselektronen definiert, wären Strom und Bewegungsrichtung entgegengesetzt in Leitern, bei denen der Strom durch positive Ladungen, z.B. durch positive Löcher, transportiert wird. Das ist z.B. in bestimmten Halbleitern der Fall. Bei Halbleiterdioden z.B. fließen im n-Bereich Elektronen und im p-Bereich Löcher aufeinander zu um in der Sperrzone zu rekombinieren. Für eine der beiden Ladungsträgersorten muss hier die Stromrichtung entgegengesetzt zur Bewegungsrichtung bleiben, wie auch immer man die Stromrichtung definiert. Man sollte es deshalb bei der üblichen (technischen) Stromrichtung belassen.
2. Daraus ergibt sich m.E. die Notwendigkeit, im Anfangsunterricht
Stromkreise "vorne" und auch "hinten" geschlossen zu
zeichnen. Stromkreise mit dem +-Pol anfangen und mit dem -Pol enden
zu lassen ("hinten offener Stromkreis") verbauen m.E. das
Verständnis vom Kreisstrom.
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3. Der Strom fließt definitionsgemäß außerhalb der Stromquelle vom Pluspol zum Minuspol (technische Stromrichtung), innerhalb der Stromquelle weiter vom Minus- zum Pluspol. Erst, wenn der Schüler diesen Kreislauf eingesehen hat, wird er die unterschiedliche Rolle von Strom und Ladungen im Stromkreis und die Rolle der Stromquelle als "Pumpe" von bereits vorhandenen Ladungen verstehen.
4. Wenn in der 7./8. Klasse die Oder-
und Und-Schaltung behandelt wird, müssen folgende Dinge bereits
geklärt sein, wenn sie der Schüler verstehen soll:
Falls der Schüler selbst experimentiert, z.B. beim Aufbau von UND- und ODER-Schaltungen oder gar bei frei gestalteten Aufbauten, muss zusätzlich vorausgesetzt werden, wenn nicht ein blindes Ausprobieren erwartet wird:
Hinweis: Für Schüler bedeutet "Kurzschluss" etwas sehr Vages mit Feuer, Gefahr, ... . Er ahnt nicht, dass dies etwas mit "Kurzschließen" zu tun hat.
Falls der Schüler diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird er bei einem Schülerversuch wild die Bauteile irgendwie miteinander verbinden. Er muss unweigerlich unwissentlich Kurzschlüsse produzieren und kann kein Verständnis dafür haben, dass der Lehrer böse wird.
*) Nur im widerstandslosen Stromkreis, z.B. aus Supraleitern, ist keine Pumpe nötig. Analog zur Newtonschen Mechanik dient die Pumpe einerseits zur Beschleunigung von Ladungen, andererseits, wenn Widerstand vorhanden ist, zur Überwindung der "Reibungskraft". Im widerstandslosen Leiter fließen einmal (z.B. durch Induktion) in Bewegung gesetzte Ladungen unbegrenzt weiter. In einem solchen Fall könnte die Trägheit der Ladungen das unbegrenzte Anwachsen des Stromes bei einer vorhandenen Spannung verhindern.
Also: was im Buch harmlos als eine Aufgabe präsentiert wird (UND-, ODER-Schaltung), setzt Kenntnisse voraus, die im Buch erst später erwähnt werden. Ein früh eingeführtes sinnvolles Strommodell muss Abhilfe schaffen! |
5. Für den Stromtransport im Dielektrikum des Kondensators ist der (Maxwellsche) Verschiebungsstrom dD/dt verantwortlich. Es fließt also ein Strom durch das Dielektrikum, der aber nicht von elektrischen Ladungen transportiert wird. Dieser Strom setzt den Strom fort, der außerhalb des Kondensators durch Ladungen transportiert wird. Ein solcher Strom fließt dann natürlich auch durch das Vakuum, wenn zwischen den beiden Kondensatorplatten Vakuum herrscht. Dieser Verschiebungsstrom erzeugt auch ein Magnetfeld und ist durch dieses nachweisbar. Es handelt sich um einen der vielen Fälle, wo ein Magnetfeld nicht durch bewegte Ladungen erzeugt wird. Spinmagnetismus ist ein anderes Beispiel. Nur bayerische Magnetfelder werden "letztlich durch bewegte Ladungen" verursacht, wenigstens nach dem Lehrplanentwurf von 2003.
Vgl. Strommodelle