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© Horst Hübel Würzburg 2005 - 2014

Fragen zur Beurteilung von didaktischen Konzepten der Quantenphysik - angewandt auf das Würzburger Quantenphysik-Konzept

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Von unterschiedlichen Autoren wurden unterschiedliche didaktische Konzepte zur Quantenphysik an der Schule entwickelt. Versuchsweise können sie in mehrere Gruppen eingeteilt werden: "Modellphilosophien", "modifizierende", ausgehend von klassischen Erwartungen, die dann getäuscht werden, historische Zugänge, experimentelle und axiomatische. Hier werden Fragen bzw. Kriterien zur Beurteilung solcher Konzepte vorgeschlagen.

Das Würzburger Quantenphysik-Konzept (WQPK) wird in die Gruppe der axiomatischen Zugänge eingeordnet. Die Fragen werden hier auf das WQPK angewandt.

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1. Was ist mit "Wellen" gemeint?

a) unspezifiziert: Ursache für Interferenz

b) (1) klassische elektromagnetische Wellen (sie breiten sich im 3-dimensionalen Anschauungsraum aus) /

    (2) klassisches 3-dim. Schrödinger-Feld im Anschauungsraum (beschreibt die Physik bei Mehrteilchenzuständen nicht richtig)

c)  (1) elektromagnetische Wellen (quantisiert als Operator-Feld (!) im 3-dimensionalen Anschauungsraum) /

     (2) 3-dim. Schrödinger-Feld quantisiert als Operator-Feld (!) im Anschauungsraum

d) Lösungen der Teilchen-SG (Wellenfunktionen) / ( Es gibt keine Entsprechung bei Photonen )

e) Wellen im 3-dim. Anschauungsraum

f) Wellen in evtl. höherdimensionalen Konfigurationsräumen

g) Erwartungswerte der Feldoperatoren E und B, die sinusförmig von x und t abhängen

(1b2 stammt aus der Zeit vor der Etablierung der Quantentheorie (QT) und wäre nach der heutigen Quantentheorie falsch bzw. ungeeignet. Operator-Felder nach 1c verbieten sich in der Schule; die Aussage wäre aber korrekt.)

WQPK: In der vorläufigen und später revidierten "Modellphilosophie" wird qualitativ und modellmäßig 1e verwendet. Im korrekten WQP-Konzept dagegen wird zwischen Wellen- und Einteilchen-Interferenz unterschieden. Für die Schule genügt die Berechnung von Minima und Maxima der Einteilchen-Interferenz "wie mit der klassischen Wellentheorie". Ein Bezug auf Wellenfunktionen ist möglich, aber für die Schule in der Regel nicht erforderlich, außer, wenn Lehrpläne dies verlangen. In diesem Fall wird darauf hingewiesen, dass sich solche Wellen nicht im Anschauungsraum, sondern in abstrakten "Konfigurationsräumen" ausbreiten. Im korrekten WQP-Konzept werden "Wellen" nicht als Ursache von Interferenz angegeben. Stattdessen wird ein allgemeines Kriterium formuliert: "Wenn zwischen zwei oder mehr klassisch denkbaren Möglichkeiten nicht entschieden wird, findet Interferenz statt". Nach diesem Konzept lassen sich auch Eigenzustände im Potenzialkasten (zwischen klassisch denkbaren Bewegungsr ichtungen wird nicht entschieden) oder (außerhalb der Schulphysik) Ramsey-Interferometer mit "nicht entschiedenen Energiewegen" qualitativ deuten.

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2. Was ist mit "Welle-Teilchen-Dualismus" gemeint?

a) Elektronen und Photonen sind (!) zugleich Welle wie Teilchen

b) Elektronen und Photonen sind (!) zugleich (klassische) Welle wie (klassische) Teilchen

c) Elektronen und Photonen verhalten sich manchmal wie (klassische) Wellen, manchmal wie (klassische) Teilchen

d) Elektronen und Photonen verhalten sich manchmal wie (klassische) Teilchen, manchmal anders

e) für Elektronen und Photonen passt manchmal ein Wellenmodell, manchmal ein Teilchenmodell, jeweils mit klassischen Wellen bzw. klassischen Teilchen

f) Quantenteilchen (QT) werden als Teilchen nachgewiesen. Die Wahrscheinlichkeit für ein be-stimmtes Messergebnis wird durch Wellen (in welchem Raum?) bestimmt. Je nach Wahl des Raumes ist die Aussage richtig oder falsch.

g) QT sind abzählbare Quantenobjekte. Abweichungen vom Verhalten klassischer Teilchen ähneln manchmal dem von klassischen Wellen bzw. können durch Wellengleichungen erfasst werden.

(2a, 2b, 2c wären nach der QT sicher falsch.)

WQPK: Der Begriff "WTD" wird vermieden, da er historisch mit Fehlvorstellungen belastet ist. Im Sinne des Konzepts ist 2f mit Wellen in abstrakten Konfigurationsräumen richtig. 

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3. Was sollte es heißen, wenn von einem Quantenobjekt (QO) behauptet wird, es "verhalte sich wie eine Welle" (Zitat)?

a) QO breitet sich wie eine Welle im Anschauungs-Raum aus (periodische Abhängigkeit von x und t)

b) QO zeigt Interferenz

c) QO hat im Anschauungsraum kontinuierliche Energieverteilung

d) QO ist wie die Welle an vielen Orten des Anschauungsraums gleichzeitig

(außer evtl. 3b alles problematische Formulierungen)

WQPK: Eine solche Formulierung wird außer in der vorläufigen "Modellphilosophie" vermieden. Man kann nicht von einem "Verhalten" von QO sprechen, da die beobachteten Messergebnisse und Phänomene auch von der Fragestellung abhängen (vgl. "Experimente mit verzögerter Entscheidung").

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4. Wenn anlässlich eines Doppelspalt-Versuchs betont wird, dass sich ein QO "beim Auftreffen auf einen Schirm als (klassisches) Teilchen verhält" (Zitat), wie verhält es sich dann sonst?

a) als Welle

b) als (nichtklassisches) Quantenteilchen

c) es "verhält sich" - streng genommen - überhaupt nicht. Eine wesentliche Rolle spielt die Fragestellung bzw. das Experiment.

(4c ist korrekt)

WQPK: Es ist nicht sinnvoll, von einem "Verhalten" von Quantenobjekten zu sprechen, sondern nur von Beobachtungen, Messergebnisssen und Phänomenen. Eine solche Formulierung wird also konsequent vermieden. Insofern gilt 4c.

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5. Lässt sich das Konzept auf Mehrteilchen- oder gar Vielteilchen-Zustände übertragen?

( Diese können zwar in der Schule höchstens eine qualitative Rolle spielen. Für das Verständnis der seit den 30-er Jahren etablierten Quantentheorie sind sie jedoch wesentlich, wie an Zweiteilchen- und kohärenten Zuständen sichtbar wird.)

WQPK: Da dieses Konzept einerseits von der korrekten Quantentheorie ausgeht, insbesondere von der Kenntnis, dass sich Wellenfunktionen nicht im Anschauungsraum "ausbreiten", da es andererseits Rechnungen, z.B. mit Wellenfunktionen weitgehend vermeidet, ist das WQPK (im Prinzip) für alle Situationen der Quantenphysik anwendbar.

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6. Vermeidet das Konzept den "Geburtsfehler der herkömmlichen Didaktik der Quantenphysik"?

Der "Geburtsfehler der herkömmlichen Didaktik der Quantenphysik" besteht darin, dass angenommen wird, bei den Wellenfunktionen handle es sich um Wellen im dreidimensionalen Anschauungsraum und nicht etwa - wie die QT lehrt - um Wellen in abstrakten Konfigurationsräumen.

WQPK: Ganz klar. Die Schüler werden nicht zu dieser falschen Annahme verführt. Damit werden wesentliche Aussagen der QT verständlicher. Es wird klar, dass die "Modellphilosophie" revidiert werden muss. Die Schüler werden nicht dazu verführt, von einem WTD zu sprechen.

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7. Grenzt sich das Konzept genügend klar von der "Modellphilosophie" ab? Wird den Schülern klargemacht, dass die so genannte "Modellphilosophie" nur eine Vorstufe zur Quantentheorie bzw. ihrer korrekten Deutung ist?

"Modellphilosophie": Verschiedene manchmal auch heute noch - qualitativ argumentierend - gebrauchte Konzepte aus der Zeit vor Etablierung der Quantentheorie (ab 1926, als die statistische Deutung schon bekannt war), nach dem Quantenobjekte je nach Experiment mehr mit einem Teilchen- oder einem Wellenmodell qualitativ beschrieben werden müssen/können. Unterstellt wird dabei implizit, dass zur Beschreibung klassische Teilchen oder Wellen im dreidimensionalen Anschauungsraum herangezogen werden, und dass dies der wesentliche Inhalt der Quantentheorie sei. Das Konzept versagt bereits bei Zweiteilchen-Zuständen, weil Schüler nur Wellen im Anschauungsraum kennen. Es ist wohl dennoch sinnvoll, dieses Konzept anzusprechen, weil populärwissenschaftlich und in manchen Schulbüchern so argumentiert wird.

WQPK: Als vorläufiges didaktisches Modell wird die "Modellphilosophie" dargestellt ("Auf dem Weg zur Quantenphysik"). Sie wird aber durch die "Grundfakten der Quantenphysik" revidiert. Diese sind so umfassend und allgemein, dass auch Mehrteilchensysteme und kohärente Zustände (mit un-be-stimmter Teilchenzahl) - für die Schule qualitativ - erfasst werden können.

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8. Macht das Konzept Wesensaussagen zu Quantenobjekten (QO), z.B. in dem Sinn, dass ein QO beim Durchtritt durch den Doppelspalt "Wellencharakter" habe, beim Nachweis "Teilchencharakter". Wenn ja, wird erkennbar, dass dies nicht wörtlich zu nehmen ist?

Wesensaussagen sind in der Quantenphysik wohl generell auszuschließen, da sich die Quantentheorie nicht zum "Wesen" oder dem "Charakter" von QO äußert, sondern nur dazu, "was wir über QO sagen können" (Zeilinger).

WQPK: Wesensaussagen werden konsequent vermieden. Es besteht kein Anlass, zu diskutieren, ob Quantenobjekte Wellen oder Teilchen "seien". Die Grundfakten verführen nicht zu einer solchen Fragestellung. Es wird klar, dass sie weder das eine noch das andere "sind", sondern etwas für die Mikrophysik spezifisch Neues. Übergänge zur Makrophysik können umfassender und erhellender diskutiert werden (z.B. bei elektromagnetischen Wellen), als dies bei herkömmlichen Konzepten zur QM möglich ist.

(c) Horst Hübel, www.forphys.de/overview.html

( November 2014 )