G46 "Modellphilosophie" als Vorstufe zu einer Deutung der Quantentheorie |
Die Mikroobjekte der Quantenphysik sind weder klassische Teilchen noch klassische Wellen. Man spricht von Modellen der Wirklichkeit oder von Bildern, dem "Wellenbild" oder dem "Teilchenbild". Manche Erscheinungen der Quantenphysik kann man mit diesen Modellen (Bildern) sogar quantitativ klären, wie z.B. die Lage der Maxima und Minima der Interferenzfigur mit Hilfe des Wellenmodells. In anderen Fällen versagen solche Modelle aber kläglich.
So ist sich jeder, der mit einem gewissen Recht mit solchen Modellen
umgeht, der Tatsache bewusst, dass sie nicht ganz der Wahrheit
entsprechen: Photonen, Elektronen, Atome, Neutronen, ... sind weder
klassische Teilchen noch klassische Wellen. Aber es ist oft
bequem, mit solchen Modellen zu argumentieren.
Kernaussage der "Modellphilosophie" zur Quantenphysik: "Welle" und "Teilchen" sind Hilfsvorstellungen bzw. Modelle, um bestimmte Versuche anschaulich und qualitativ deuten oder mit Worten beschreiben zu können. Manchmal können sie auch bestimmte beschränkte quantitative Vorhersagen machen. Sie sind der Natur nur teilweise angemessen. |
Welches Modell man zur Beschreibung wählt, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit, nicht eine der Notwendigkeit, die sich aus der jeweiligen Versuchsanordnung oder aus der "Natur" oder dem "Charakter" der Teilchen ergäbe. Man nimmt das Modell, mit dem sich ein Sachverhalt einfacher formulieren, beschreiben, ausdrücken, ... lässt. Manche Versuche lassen sich sogar mit beiden Modellen qualitativ deuten, z.B. Interferenzen am Beugungsgitter oder der Compton-Effekt, wenn auch evtl. sehr kompliziert.
Zur qualitativen Deutung von manchen anderen Experimenten scheint es sogar zweckmäßig, beide Modelle nebeneinander anzuwenden, wie z.B. beim Doppelspalt, wenn in einer Messung festgestellt wird, durch welchen Spalt das Teilchen hindurch getreten ist. Dann scheint das Teilchenbild naheliegend, weil der Weg des Teilchens jetzt bekannt und die Doppelspalt-Interferenz verschwunden ist, aber es gibt immer noch Beugung und Interferenz an jedem der Einfachspalte (Beugung am Einzelspalt trotz Welcher-Weg-Information, welche die Doppelspalt-Interferenz verhindert).
In anderen Situation, z.B. bei Mehrteilchen-Zuständen, versagt die Modellphilosophie kläglich. Hier würde sie zu offensichtlichen Widersprüchen führen.
Hinweis:
Es gibt
keinen Welle-Teilchen-Dualismus im historischen Sinn!
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