Quantenphysik für die Schule © Horst Hübel Würzburg 2005-2009 Das Würzburger Quantenphysik-Konzept |
I.2 Licht als klassische elektromagnetische Welle oder Strom von Photonen? |
I.2.1 Experiment mit Licht am Strahlteiler Verhalten von Licht "üblicher" Intensität am Strahlteiler - entsprechend der Vorstellung von klassischen elektromagnetischen Wellen
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In Richtung des durchgehenden Strahls und des reflektierten Strahls werden Lichtsensoren aufgebaut, die entweder die "Intensität" des einfallenden Lichts messen oder - später - einzelne Photonen zählen können, so genannte "Photo-Detektoren" oder Photonenzähler.
Das Experiment zeigt: Bei einer klassischen elektromagnetischen Welle
(Licht) wird die Amplitude beider Teilwellen so reduziert, dass beide
Strahlen an einem (idealen) Strahlteiler je 50% der Lichtleistung enthalten.
Die Welle teilt sich in zwei gleichartige Wellen mit halbierter Intensität
auf, die beide eine um den Faktor 1/√2 reduzierte
Amplitude haben [(1/√2)2 = 1/2].
Die reflektierte Welle erleidet aber einen Phasensprung um
π/2 .
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Grangier, Roger und Aspect (G-R-A) experimentierten bei einem ganz ähnlichen Versuchsaufbau mit einzelnen Photonen. Sie schickten sie über einen Strahlteiler (halbdurchlässigen Spiegel) zu zwei Photodetektoren D1 und D2. Um sicher zu sein, dass nicht etwa zwei verschiedene Photonen die Detektoren auslösten, ersannen sie einen Trick: Sie setzten eine Zwei-Photonen-Quelle ein, die jeweils zwei Photonen quasi gleichzeitig abgibt.
Eines der beiden Photonen hatte nur die eine Funktion, als Bote zu wirken, der an einen dritten Detektor DT die Nachricht überbrachte, dass jetzt genau ein Photon gegen den Strahlteiler geschickt wurde ("Boten-Photon"). Dieser Detektor machte im gleichen Augenblick sozusagen die anderen beiden Detektoren "scharf" (Trigger-Signal). Das zweite Photon war das eigentliche Mess-Photon, das durch einen der Detektoren D1 oder D2 nachgewiesen wird. Mit Hilfe eines Koinzidenz-Zählers wurde festgestellt, ob die Messdetektoren D1 und D2 gleichzeitig ansprachen (dann hätte sich das Photon aufgeteilt) oder nicht (dann wäre immer nur ein ungeteiltes Photon den einen Weg oder den anderen gegangen). (1) Genau das beobachteten sie: So gut wie nie sprachen beide Detektoren gleichzeitig an. Natürlich musste dafür gesorgt werden, dass unterschiedliche Laufzeiten der sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitenden Photonen keine Auswirkung hatten.
Im Gegensatz zum Versuch mit klassischen elektromagnetischen Wellen wurde
also festgestellt:
Das eine Photon wird als Ganzes in Geradeausrichtung durch Detektor D2 nachgewiesen, ein anderes als Ganzes in Querrichtung durch Detektor D1, zufällig mal so, mal so, ohne dass man je einen Grund für die unterschiedlichen Nachweise angeben könnte. (2) Hier zeigt sich zum ersten Mal ein Grundfaktum der Quantenphysik, der "objektive Zufall". Es sind stets einzelne unteilbare Photonen, die nachgewiesen werden: Wenn Teilchen auftreten, treten sie als ganze Teilchen auf, aber es ist nicht vorhersagbar, welchen Weg sie gehen, in welchem Detektor sie nachgewiesen werden. Sie haben nicht die Eigenschaft "bestimmter Weg durch den Strahlteiler". Im Laufe der Zeit werden Sie weitere Grundfakten kennen lernen. Eine Kurzfassung finden Sie hier. (3) Aber, wenn man den Versuch mit einzelnen Photonen sehr oft wiederholt, entsteht doch eine gesetzmäßige Aussage: Im Mittel werden dann in beiden Detektoren gleich viele Photonen nachgewiesen: mit 50% Wahrscheinlichkeit jeweils bringt ein Photon den einen Detektor zum Ansprechen oder mit ebenfalls 50% Wahrscheinlichkeit den anderen. Der objektive Zufall ist offenbar nicht Willkür, sondern ist kontrolliert durch ein Naturgesetz. Das Versuchsergebnis ist also grundsätzlich anders als bei Wellen, die sich immer zur Hälfte gleichmäßig auf beide Wege mit reduzierter Amplitude aufteilen würden.
Es lässt sich nicht vorhersagen, in welchem Detektor ein bestimmtes Photon nachgewiesen wird, "welchen Weg ein bestimmtes Photon gehen" wird. Wie wir später sehen werden, handelt es sich dabei nicht um eine Aussage über die vermeintlich beschränkten Fähigkeiten der Physiker, sondern ist eine grundsätzliche Eigenart der Quantenphysik, eben Ausdruck des "objektiven Zufalls". Konkret müssen wir sagen, dass es überhaupt keinen Sinn hat, von einem solchen Weg zu reden, wenn dieser nicht durch eine Messung be-stimmt worden ist. (Führt man den Versuch mit normalem thermischen ("chaotischen") Licht durch, z.B. mit Licht von einer Glühlampe, stellt man sogar fest, dass dann, wenn einer der Detektoren angesprochen hat, mit Vorliebe gleich darauf auch der zweite ein Photon nachweist. Eigenartigerweise ist das mit Laserlicht nicht so, und schon gar nicht bei Licht eines einzelnen Ions. (Hanbury-Brown/Twiss-Versuch) |
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I.2.3 Versuch mit Polarisator PO und dazu verdrehtem Analysator AN:
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Analoge Überlegungen mit zwei Polfiltern (Polarisator PO und Analysator AN) zeigen ganz ähnlich die Kombination von zufälligem und gesetzmäßigem Verhalten: (A) Bei hellem Licht: Wenn die beiden Polarisatoren gegeneinander verdreht sind um den Winkel φ, wird die durchgelassene Lichtintensität - abhängig vom Drehwinkel φ - gleichmäßig geschwächt. Die Intensität des durchgelassenen hellen Lichts genügt dem Gesetz: I = I0·cos2(φ). (B) Im Gegensatz dazu ist es bei einzelnen Photonen Zufall, ob sie den gedrehten Analysator AN passieren können oder nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie passieren können, hängt vom Drehwinkel φ ab. Macht man sehr viele Versuche mit gleichen Photonen, bemerkt man die Gesetzmäßigkeit, dass die Durchlasswahrscheinlichkeit P in gleicher Weise vom Drehwinkel φ abhängt wie bei hellerem Licht die durchgelassene Lichtintensität: P = cos2(φ).
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