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© Horst Hübel Würzburg 2005 - 2018


Druck

Lernschwierigkeiten müssen entstehen,

  • wenn zwischen Kraft und Druck begrifflich nicht unterschieden wird,
  • wenn suggeriert wird, dass Druck eine Art "Superkraft" ist, die gleichzeitig nach allen Seiten wirkt (natürlich wird es so nicht gesagt),
  • wenn irreführende Begriffe wie "allseitige Druckausbreitung" verwendet werden

Dabei ist klar, wie Druck "offiziell" aufgefasst wird:

Druck ist einerseits ein "Spannungszustand" in einer Flüssigkeit oder einem Gas, andererseits eine "Zustandsgröße", die zusammen mit anderen, wie der Temperatur, den thermodynamischen Zustand eines Körpers beschreibt.

Ein Zusammenhang mit einer Kraft ergibt sich durch die zwei Beobachtungen:

  • "Kraft macht Druck (p = F/A)" und
  • "Druck macht Kraft" (und zwar senkrecht zu jeder dem Druck dargebotenen Fläche; F = p.A).

Was macht ein Schulbuch daraus?

Ein weit verbreitetes Schulbuch für den Anfangsunterricht suggeriert, dass Druck in einer Flüssigkeit oder einem Gas eine Art "Superkraft" sei, die nach allen Seiten gleichzeitig wirke, vor allem an der Gefäßwandung. Es wird von einer "gleichmäßigen und allseitigen Druckausbreitung" gesprochen, so als würde sich der Druck von einem Zentrum (oder der Angriffsfläche einer Kraft) gleichmäßig ("gleich stark", ?) und nach allen Richtungen ("allseitig") ausbreiten, obwohl von dem dynamischen Vorgang einer Ausbreitung nicht die Rede ist.

Es wird dann allerdings mit einem Teilchenmodell eine angebliche "Druckausbreitung" "erklärt", obwohl im ganzen Text immer nur von Kräften die Rede ist, die an den Teilchen "umgelenkt" werden. Was mit "Druckausbreitung" gemeint ist, wird nie definiert; gemeint ist wohl, dass der Druck (nach Erreichen eines Gleichgewichtszustands - und nur der wird betrachtet - , und bei Vernachlässigung eines Schweredrucks) überall im abgeschlossenen Gefäß gleich ist.

Das aber wird verschwiegen, obwohl es immer wieder gebraucht wird.

Der Schüler wird im Regen stehen gelassen, wenn er den Text ernst nimmt und mit Hilfe der durch Modelle veranschaulichten "Kraftumlenkung" verstehen möchte, wie auf einmal aus einer kleinen Kraft (am großen Stempel) eine große Kraft (am kleinen Stempel) entsteht. "Kraftumlenkung" hilft da wohl wenig.

Dann wird eine Maßgröße für den Druck mit Hilfe einer hydraulischen Presse abgeleitet ("Druck als abgeleitete Größe"), aber behauptet, dass "durch die Gewichtskräfte beider Kolben ein Druck" entstehe (erzeugen etwa beide Kolben für sich Drucke, die sich etwa addieren? Wozu braucht man überhaupt den zweiten Kolben in der Herleitung? Entsteht nicht in einem sonst abgeschlossenen Gefäß mit nur einem Kolben genauso ein Druck?). Schließlich steht die Formel p = F/A da. Sie wird richtig verbalisiert. Aber dann: "Der Druck ist demnach eine aus Kraft und Fläche abgeleitete Größe." Muss der Schüler nicht annehmen, dass es also einen Druck nur dort gibt, wo es eine Kraft und eine Fläche gibt? Also vielleicht nur am Kolben, allenfalls an der Gefäßwand? Der Schüler neigt ja ohnehin dazu zu verkürzen: "Druck ist Kraft pro Fläche". Dabei geht die Kraft überhaupt nicht in die Druckformel ein, sondern ausschließlich ihr Betrag.

Unvermittelt und für den Schüler ohne Zusammenhang liest er dann im nächsten Satz: "Der Druck kennzeichnet den Zustand, der durch äußere Krafteinwirkung in der Flüssigkeit oder im Gas entstanden ist." Sicher nicht falsch, aber in dem Zusammenhang verständlich? (Wie kommt der Druck (!) von den Kolben ins Innere?)

Weil offenbar auch für den Schulbuchautor der Druck eine "Superkraft" bleibt, muss er dann später beim hydrostatischen Druck mit Hilfe einer drehbaren Drucksonde verwundert feststellen, dass der Druck doch nicht nach allen Seiten gleichzeitig wirkt, sondern dass er "unabhängig von der Stellung der gedrückten Fläche" und "ein Skalar" ist. Niemand wäre auf die Idee gekommen, den Druck als Vektor anzusehen, wenn Druck als ("Spannungs-) Zustand eingeführt worden wäre, wenn nicht Druck und Kraft ständig vermengt worden wären! Was mit dem Versuch in Wirklichkeit gezeigt wird, ist, dass der Druck p nur von der Höhe der darüber stehenden Wassersäule abhängt, also bei konstanter Höhe konstant ist, bzw. dass zu jeder Fläche eine senkrechte Kraft entsteht, die gleichen Betrag hat, wenn p und F konstant sind. Dass das Messinstrument keinen Einfluss auf die vorhandene Messgröße (p) haben sollte, ist ja wohl anzunehmen. Der Schulbuchautor braucht den Nachweis davon nicht als Sinn des Versuchs darstellen.

Das Missverständnis, dass Druck begrifflich eng mit Kraftwirkung zusammenhängt, wird auch ungewollt von Hochschulbüchern gefördert, und auch von Schulbüchern, etwa in der kinetischen Gastheorie. Dort wird für ein ideales Gas der Druck aus den Kräften hergeleitet, die bewegte Teilchen durch ihre Wandstöße auf die Wand ausüben. Tatsächlich werden dadurch die Kräfte erklärt, mittels der bekannten Formel auch F/A, also ein Druck. Was nicht gesagt, aber implizit angenommen wird, ist, dass dieser Druck auch im Inneren des Gases vorliegt (wo es solche Kräfte nicht gibt). Das entspricht ja aller Erfahrung, wenn in einem Gas auf die Gefäßwandung pro Flächeneinheit die Kraft F/A ausgeübt wird.

Begrifflich ist es aber klar: In dem Gas herrscht ein Druck p nicht, weil die Gasteilchen Kräfte auf die Wand ausüben, sondern, weil ihre Geschwindigkeiten so verteilt sind, wie es der kinetischen Gastheorie bei einer bestimmten Temperatur und damit einem bestimmten Druck (Druck als Zustandsgröße) entspricht. Wegen dieses Drucks entstehen auf die Wand Kräfte, wie sie hergeleitet wurden.