SG054
Wellen-Interferenz und Einteilchen-Interferenz ©
H. Hübel Würzburg 2013
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Impres-sum |
(1) Welleninterferenz
Wenn du und dein Freund/deine Freundin zu einem gemeinsamen Beobachtungsort (Punkt P) unabhängig voneinander zwei "Teilchenstrahlen" schickt, z.B. Tennisbälle in regelmäßigen Zeitabständen, dann findest du dort in jeder (genügend großen) Zeiteinheit doppelt so viele Tennisbälle, als wenn du allein nur einen "Teilchenstrahl" hin schicken würdest. (Symbolisch: 1 + 1 = 2).
Schickt ihr aber zwei Schallwellen oder Lichtwellen mit gleichen Wellenlängen zum Beobachtungsort (mit einigen weiteren gemeinsamen Eigenschaften), findest du dort u.U. keine Welle, an einem anderen Punkt dicht daneben aber vielleicht eine Welle mit doppelter Amplitude und 4-facher Energiedichte. (Symbolisch: an manchen Orten 1 + 1 = 0, an anderen Orten 1 + 1 = 2, oder, wenn du die Energiedichte im Auge hast: 1 + 1 = 4). Die Erscheinung bei Wellen heißt "Wellen-Interferenz.
Wie ist das möglich?
Am Beobachtungsort "überlagern" sich die beiden Wellen. Bei einer mechanischen Welle bedeutet das, dass ein Teilchen am Beobachtungsort gleichzeitig von zwei Wellen erfasst wird, die evtl. unterschiedliche Wege zurückgelegt haben; daraus ergibt sich ein Wegunterschied.
(Wir nehmen vereinfachend an, dass bei den jeweiligen Überlagerungsstellen beide Wellen gleiche Amplituden haben.)
Die Folgen der Überlagerung soll hier nur für zwei extreme Situationen erläutert werden:
Maximum (Verstärkung, konstruktive Interferenz):
der Wegunterschied Δs ist ein ganzzahliges
Vielfaches der Wellenlänge λ . Die beiden Wellen haben an der
Überlagerungsstelle immer gleiche Phasen. Zu manchen Zeiten treffen zwei
Wellenberge ein, zu anderen zwei Wellentäler, zu anderen Zeiten ist die
Auslenkung beider Wellen 0:
Bei Wasserwellen ist dort die Wasseroberfläche maximal
bewegt. Zu manchen Zeiten entsteht dort ein Wellenberg, zu anderen
Zeiten ein Wellental, zu wieder anderen Zeiten ist dort die
Wasseroberfläche eben (horizontal).
Maximum:
Δs = k·λ wobei k eine ganze
Zahl |
Minimum (Auslöschung; destruktive Interferenz): Der
Wegunterschied Δs beider Wellen ist ein halbzahliges Vielfaches der
Wellenlänge, also z.B. λ/2.
Die beiden Wellen sind dann an der Überlagerungsstelle immer
gegenphasig. Zu manchen Zeiten trifft ein Wellenberg von Welle A auf ein
Wellental von Welle B, zu anderen Zeiten ist es umgekehrt, zu wieder
anderen Zeiten ist die Auslenkung beider Wellen dort 0. Immer heben sich
die beiden Auslenkungen gegenseitig auf.
Bei Wasserwellen ist dort die Wasseroberfläche immer in Ruhe.
Das gleiche geschieht aber auch, wenn der Wegunterschied zusätzlich zu λ/2 noch ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge λ ist.
Also:
Minimum: Δs = λ/2 + k·λ , wobei k eine ganze Zahl |
Interferenz funktioniert aber nur unter bestimmten Bedingungen: Die beiden Wellen müssen in die gleiche Richtung schwingen (gleiche Polarisation haben), gleiche Wellenlänge oder Frequenz haben, beide Wellenzüge müssen "sich überlappen" (es darf nicht sein, dass der eine Wellenzug A schon am Beobachtungsort vorbei gelaufen ist, während der zweite Wellenzug erst eintrifft; "Kohärenz"); wir gehen näherungsweise davon aus, dass die Amplituden beider Wellen gleich sind.
Auf der Interferenz beruhen die meisten Methoden zur Messung der Wellenlänge.
(2) Einteilchen-Interferenz
Lässt man in der Quantenphysik immer wieder ein Quantenteilchen (z.B. Elektron, Atom oder Photon) mit jeweils gleichen Eigenschaften durch einen Doppelspalt laufen, so findet man auf einem Nachweisschirm an manchen Stellen niemals ein Quantenteilchen (solche Stellen nennen wir Minimum), dagegen bei manchen anderen Stellen immer wieder ein solches Quantenteilchen (vor allem im Maximum), ganz wie bei einer Interferenzfigur. Sie entsteht, obwohl die Quantenteilchen in großen Zeitabständen einzeln aus der Quelle treten, sich also nicht gegenseitig beeinflussen können.
Diese merkwürdige Erscheinung nennt man Einteilchen-Interferenz.
Vor ca. 90 Jahren hat das (bzw. verwandte Beobachtungen) zu der
bahnbrechenden Spekulation geführt, dass hier ebenfalls Wellen eine
Rolle spielen könnten, die man deBroglie-Wellen oder genauer Schrödinger'sche
Wellenfunktionen nannte. Einteilchen-Interferenz wurde
1909 von Taylor entdeckt (Taylor-Experiment).
Ein neueres, überzeugenderes Experiment dazu wurde von
Grangier, Rogier und Aspect (G-R-A-Experiment)
durchgeführt. Danach wird jeweils genau ein
Quantenteilchen durch einen Doppelspalt geschickt. Das Experiment
garantiert, dass nie zwei oder mehr Quantenteilchen den Doppelspalt
passieren. Wiederholt man das Experiment immer
wieder, so können nacheinander an vielen einzelnen Orten, aber
ganz unregelmäßig und zufällig, Teilchen registriert werden.
Dabei ist es gleichgültig, ob man das Experiment
mit jeweils dem gleichen Teilchen immer wieder durchführt, oder ob man
viele gleichartige, jedoch unabhängige
Quantenteilchen verwendet.
Dennoch: Die Verteilung dieser Nachweisorte ähnelt einer Interferenzfigur der Welleninterferenz. Man sagt: die Wahrscheinlichkeitsverteilung für den Nachweis eines Teilchens entspricht einer Interferenzfigur, sogar bei einem einzigen Teilchen. Das ist Einteilchen-Interferenz.
Mit den Schrödinger'schen Wellenfunktionen lässt sich Einteilchen-Interferenz ähnlich wie die Welleninterferenz beschreiben. Insbesondere findet man die Lage der Minima und Maxima mit Hilfe eines Gangunterschieds. Heute haben wir das besser verstanden: Wir wissen, dass diese Wellen keine realistischen Wellen im uns umgebenden Anschauungsraum sind, sondern mathematische Hilfsmittel, um Wahrscheinlichkeits-Vorhersagen für das Eintreten von Messwerten (z.B. Nachweisorten) zu machen. Das Betragsquadrat der Amplitude ist hier ein Maß für die Wahrscheinlichkeit (pro Volumeneinheit), ein Teilchen in der Umgebung eines Punktes zu finden (ein Maß für die Wahrscheinlichkeitsdichte). Einteilchen-Interferenz bei Quantenteilchen steht im Zusammenhang mit der Tatsache, dass Quantenteilchen beim Doppelspalt nicht gleichzeitig einen Durchtrittsort und eine Durchtrittsgeschwindigkeit (-impuls) haben können (jeweils Koordinate quer zum Doppelspalt; Komplementarität).
In der Umgebung eines Maximums ist dann die Wahrscheinlichkeit groß, das Quantenteilchen zu finden, in der Umgebung eines Minimums ist die Wahrscheinlichkeit das Quantenteilchen zu finden, nahe 0.
Das funktioniert auch mit Atomen. Schickt man Atome mit identischen Eigenschaften durch einen geeigneten Doppelspalt, findet man auf einem Schirm Orte mit hoher Nachweiswahrscheinlichkeit und solche mit sehr geringer, also Maxima und Minima.
Man darf sich aber nicht täuschen lassen. Manchmal bleibt die Interferenz auch aus. Es gibt nämlich Experimente mit "verschränkten" Teilchen, sogar von verschiedenen Sorten; es könnte z.B. immer ein Photon mit einem Atom verschränkt sein (was immer das heißen mag). Man bringt es fertig, nach Wunsch nur den atomaren Anteil am Beobachtungsort zur Überlagerung zu bringen und nicht auch den photonischen. Dann gibt es keine Interferenz und keine Maxima und Minima für die Atome, anders, als wenn man den photonischen Anteil nicht zurückhält! Auch das ist ein starker Hinweis dafür, das man sich die deBroglie-Wellen nicht als realistische Wellen im uns umgebenden Anschauungsraum vorstellen darf. Der photonische Anteil wird z.B. zurückgehalten, weil man den Durchtrittsort der Atome durch den Doppelspalt registrieren möchte. In ihm steckt dann die Information über den Weg des Atoms.
Wenn die beiden Wellen an ihren Entstehungsorten nicht gleichphasig schwingen, sondern mit einem Phasenunterschied Δφ, erhält man die richtige Interferenzbedingung, wenn man zum Wegunterschied noch λ·Δφ/2·π hinzu addiert. Der Wegunterschied ist dann also durch den so entstandenen Gangunterschied zu ersetzen.