SG127 Wellenfunktion ©
H. Hübel Würzburg 2013
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Impres-sum |
(Schrödinger'sche) Wellenfunktionen sind in der Atom- und Quantenphysik ein wichtiges Hilfsmittel zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten eines Messwerts bei einer konkreten Messung.
Es stellte sich nämlich in der Quantenphysik heraus, dass, ausgehend von bestimmten gleichen Situationen, wiederholte Messungen Ergebnisse erzielen können, die du vielleicht nicht erwartet hättest.
Einerseits kann es nämlich sein, dass sie (im Prinzip)
immer den gleichen Messwert liefern. Das ist dann der Fall, wenn sich
das System vor der Messung in einem so genannten Eigenzustand bzgl.
der Messgröße befindet. Dann ist die Messgröße "be-stimmt".
Andererseits, in anderen Fällen - und das ist das Unerwartete, liefern wiederholte Messungen in der Regel unterschiedliche, "streuende" Messwerte, und das trotz stets der gleichen Ausgangssituation und des identischen Messverfahrens, sogar eines idealen. Man sagt, das System befinde sich in einem Zustand, bei dem die betrachtete Messgröße "un-be-stimmt" ist. In einem solchen Fall kann man also den künftigen Messwert nicht vorhersagen. Aber man kann Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten eines bestimmten Messwerts angeben und berechnen.
So wird man bei einer Ortsmessung an einem Elektron im Allgemeinen streuende Messwerte erhalten, die man nicht vorhersagen kann. Mit Hilfe der Wellenfunktion Ψ(x,t) kann man aber voraussagen, dass das Elektron zur Zeit t in einer Umgebung der Breite Δx um den Ort x mit einer Wahrscheinlichkeit |Ψ(x,t)|2·Δx gefunden wird. Hier ist also der Ort x die erwartete Messgröße.
Mit Wellenfunktionen kann man auch die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten irgendeiner klassisch denkbaren Messgröße oder auch deren Erwartungswert berechnen, z.B. der Energie oder des Impulses. Ein Erwartungswert ist (ungefähr) der Wert, den man bei wiederholten Messungen am häufigsten erwarten kann. Er entspricht etwa einem klassischen Durchschnittswert.
Wellenfunktionen für ein Elektron verhalten sich ähnlich wie die dir bekannten Wellen, die sich im dich umgebenden Anschauungsraum ausbreiten. Aber es gibt wesentliche Unterschiede:
Bei zwei Teilchen, speziell bei Teilchenzwillingen, braucht man schon Wellenfunktionen in höherdimensionalen abstrakten Räumen, die sich erst recht niemand vorstellen kann und es auch nicht möchte. Aber man kann mit ihnen die Wahrscheinlichkeit berechnen, z.B. ein Teilchen in der Umgebung eines Orts x1 und ein zweites Teilchen in der Umgebung eines Orts x2 bei einer konkreten Messung zu finden. Im allgemeinen sind x1 und x2 3-dimensionale Ortsvektoren. Die Wellenfunktion eines Teilchenzwillings wäre dann also eine Welle, die in einem abstrakten 2 x 3-dimensionalen Raum agieren würde. Von einer "Ausbreitung" zu sprechen, gar im uns umgebenden Raum, wäre hier erst recht sinnlos.
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Beachte: In Ψ(x,t) ist x ein Ort in einem abstrakten Raum (der hier maximal dreidimensional ist). Im uns umgebenden Anschauungsraum ist x nicht ein Ort, an dem sich eine Welle oder gar ein Teilchen befindet, sondern ausschließlich ein Ort, an dem eine Messung vorgenommen wird, für die die Wahrscheinlichkeit mit Hilfe von Ψ(x,t) vorher berechnet wird.
Hinweise:
1. Auf diesen Seiten werden die quantenphysikalischen Begriffe "be-stimmt" und "un-be-stimmt" immer entgegen der Duden-Vorschrift mit Bindestrich geschrieben um jede Verwechslung mit den gleich lautenden umgangssprachlichen Begriffen zu verhindern.
2. Photonen haben keine Wellenfunktion. Sie genügen auch nicht der Schrödinger-Gleichung. Die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron in einem Volumen Δx um den Ort x herum zu finden, |Ψ(x,t)|2 · Δx, muss hier ersetzt werden durch die Energie, die von Photonen in das Volumen transportiert wird.
3. Man sagt auch manchmal vereinfachend: "Ohne Messung hat ein Elektron keinen Ort". Das heißt nicht, dass es nirgendwo ist oder überall, sondern, dass der Ort für das Quantenteilchen ein sinnloser Begriff ist, solange der Ort nicht gemessen ist. Natürlich haben alle Gegenstände deiner Erfahrung (zumindest ihr Schwerpunkt) einen Ort (in der Makrophysik). Warum sollte das in der Mikrophysik genauso sein? Das erklärt die streuenden Messwerte.
4. Reelle Zahlen sind z.B. 4,5 oder √2; eine komplexe Zahl ist z.B. 3,5 + 2,3 i mit der "imaginären Einheit" i.
( Juni 2014 )