V01 Prinzip des Doppelspalt-Versuchs |
Mach-Zehnder-Interferometer Doppelspalt-Versuch mit Teilchen |
(1) Beim klassischen Doppelspalt-Versuch von Th. Young (1803) geht von einer kohärenten Lichtquelle Licht aus, tritt durch die beiden Spaltöffnungen A und B hindurch und überlagert sich auf einem Schirm. Dort beobachtet man helle Stellen ("Maxima") und dunkle Stellen ("Minima"). Nach der klassischen Wellentheorie findet an den Stellen der Maxima "konstruktive Interferenz" statt, an den Stellen der Minima "destruktive Interferenz". Der Versuch zeigt das gleiche Ergebnis, wenn man statt Licht Elektronen, Photonen, Atome oder gar komplizierte Fulleren-Moleküle einsetzt, vorausgesetzt man bedeckt den Schirm mit geeigneten Detektoren. (2) Überraschenderweise findet die Interferenz auch statt, wenn man mit einzelnen Teilchen arbeitet, also selbst wenn immer nur ein Teilchen in der Apparatur ist. Was interferiert denn dann? Dann muss man allerdings den Versuch sehr oft wiederholen, bis sich allmählich aus lauter Einzelnachweisen eine Interferenzfigur aufbaut. Interferenz findet nicht statt, wenn man eine der Spaltöffnungen schließt. (Vgl. auch Quanteninterferenzen am Doppelspalt) (3) Man hat früher manchmal gefragt, wie dann das Teilchen "wissen" soll, dass der Spalt, durch den es nicht hindurchtritt, offen oder geschlossen ist. Teilchen treten immer als Ganzes auf, sie sind unteilbar. Durch welchen Spalt tritt also ein Teilchen, das im Maximum nachgewiesen wird?
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(4) Das sind sinnlose Fragen, wie
wir heute wissen. Man kann nämlich tatsächlich den Durchtrittsort
messen. Man findet bei hinreichender Messgenauigkeit immer
nur einen Durchtritt entweder bei A oder bei B,
nie bei beiden zu- gleich: Ein Teilchen
kann sich nicht zerteilen. Überraschenderweise ist
dann die Interferenzfigur verschwunden. Man kann
offenbar immer nur eines haben: Kenntnis über den Durchtrittsort
oder Interferenz. Ein Zusammenhang zwischen "Nachweis im
Maximum" und "Durchtritt durch einen bestimmten Spalt" lässt
sich auf keine Weise feststellen.
(5) Das hat zu einer neuen Deutung der Interferenz geführt, die nicht auf ein Wellenmodell zurückgreift. Danach findet Interferenz statt, wenn zwei oder mehr klassisch denkbare Möglichkeiten miteinander kon- kurrieren, nach denen das Ereignis eintreten könnte, zwischen denen aber nicht unterschieden wird. Weil wir - ohne eine Messung - nicht wissen, auf welchem Weg das Teilchen zum Nachweisort gelangt, konkurriert die klassisch denkbare Möglichkeit "Durchtritt durch Spalt A" mit der Möglichkeit "Spalt B". Es findet Interferenz statt. Sobald aber die "Welcher-Weg-Information" gewonnen werden kann, ist das Experiment so abgeändert, dass wir Interferenz nicht beobachten können. Deswegen sagt man auch, wenn Interferenz stattfindet "hat sich das Teilchen nicht für einen be-stimmten Weg entschieden", oder anders: "gibt es keinen Weg des Teilchens", "ist die Vorstellung von einem solchen Weg sinnlos". |
(6) Da sich Welcher-Weg-Information und Interferenz gegenseitig ausschließen, nennt man sie auch komplementär. |
E | 1. Das Doppelspalt-Experiment lässt sich nicht
nur klassisch mit Interferenz von Wellen deuten,
sondern auch durch Interferenz konkurrierender klassisch
denkbarer Möglichkeiten für einzelne Teilchen.
2. Wenn man Interferenz beobachtet, darf man sich nicht vorstellen, dass sich Teilchen auf bestimmten Wegen von der Quelle zum Nachweisort bewegt haben. Hier passt das Bild von einem Weg nicht. Hier ist ein solcher Weg sinnlos. 3. Welcher-Weg-Information und Interferenz schließen sich gegenseitig aus, sie sind komplementär. |