Würzburger Quantenphysik- Konzept

V16a Experimente mit Photonenzwillingen  (Biphotonen)

Zweiphotonen-Quelle  Zweiteilchen-Interferenz

Lehrtext/Inhalt

Glossar  wissenschaftliche Experimente

Im- pres- sum


Nobelpreis Physik 2022 an Alain Aspect und John Clauser und Anton Zeilinger

In der Schule beschäftigt man sich mit Quantenobjekten, die sich "je nach Experiment eher durch Teilchen oder eher durch Wellen beschreiben" lassen (Einteilchen-Zustände). Da die Schüler ja keinen anderen Raum als den dreidimensionalen Anschauungsraum kennen, gehen sie mit Sicherheit davon aus, dass die genannten Wellen sich im uns umgebenden Anschauungsraum ausbreiten. Demgegenüber lehrt die Quantentheorie, dass von abstrakten Räumen die Rede ist, die nur im Falle von Einteilchen-Zuständen ebenso wie der uns umgebende Raum dreidimensional sind.

Nun gibt es auch in der Quantentheorie Wellen, die sich im Anschauungsraum ausbreiten, die kohärenten Zustände des elektromagnetischen Feldes. Bei ihnen ist die Photonenzahl un-be-stimmt. Auch dazu passt - in schulischer Sprechweise - also vielleicht eher ein Wellenbild, aber sicher kein Teilchenbild (von klassischen Teilchen).

Seit wenigen Jahren gibt es Versuche, die das oben erwähnte vermeintliche Konzept von einer anderen Seite her in Frage stellen. Verschränkte Zweiteilchenzustände, realisiert durch Photonenzwillinge (nach Zeilinger) (Diphotonen oder Biphotonen nach anderen Forschern) sind Quantenobjekte, die so heißen, weil bei Messungen der Teilchenzahl sich immer der be-stimmte Wert 2 ergibt. Die zugehörigen Zustände bzw. "Wellenfunktionen" arbeiten aber in einem 6-dimensionalen abstrakten Raum. Nur in einem solchen Raum hätte, wenn man unbedingt will, so etwas wie ein "Wellencharakter" einen Sinn.

Durch eine Veröffentlichung durch Herrn Rode bin ich auf diese zwei Versuche aufmerksam geworden**):

(1) Von Ostermeyer et al. stammt ein modifi­zierter Doppelspalt-Versuch (2009), bei dem ein Biphoton (Photonenzwilling) aus zwei Photonen gleicher Energie an einem Beugungsgitter Interferenz erzeugt. Da ein Echelette-Gitter verwendet wurde (blazed grating), trat außer der 0. Ordnung nur mehr die 1. Ordnung des Spektrums auf. Hier soll der Versuch als Prinzip-Versuch vereinfacht werden, indem ein Doppelspalt-Versuch diskutiert wird (vgl. auch Abouraddy et al.). Die Ergebnisse stimmen mit dem Original-Versuch im Prinzip überein.

Der Versuch zeigt u.a., dass sich Zweiteilchen-Zustände (wie Biphotonen oder Photonenzwillinge) anders verhalten als zwei einzelne Quantenteilchen.

(2) Ostermeyer et al. verwenden eine besondere Zweiphotonen-Quelle (HOM). Sie erzeugt Biphotonen, die verschränkt bzgl. der Polarisation und des Impulses. Mit einem nachgeschalteten Mach-Zehnder-Interferometer können die Photonen eines Biphotons zeitlich und räumlich korreliert werden. D.h. sie verlassen die Lichtquelle gleichzeitig am gleichen Ort. Das wurde von Hong, Ou und Mandel realisiert. Diese Lichtquelle soll hier nach ihren Erfindern HOM genannt werden.

Solche Teilchenzwillinge lassen sich herstellen mit Photonen, Elektronen und neuerdings auch mit Atomen (Bücker 2011, Stichwort "twin-atom beams", Atomgruppe Wien).


Herr Rode (  M. Rode, "Biphotonen - ein modellierender Zugang zur Verschränkung", MNU 64/3, 149 - 152 (2011)    ) erklärt die scheinbare Wellenlängenhalbierung mit der Zeigermethode. Anders als aus seinem Text ersichtlich scheint, tritt auch bei ihm die halbe Wellenlänge unter der gleichen Bedingung auf wie hier. Durch seine Veröffentlichung bin ich auf dieses Experiment aufmerksam geworden. Ich danke ihm für ergiebige Diskussionen.

Vgl. auch: Erratum, MNU 64/4, S. 246 (2011)

**) Es ist unschwer erkennbar, dass ich nicht in allen Punkten mit seiner Veröffentlichung übereinstimme.

M. Ostermeyer, D. Puhlmann, and D. Korn, "Quantum diffraction of biphotons at a blazed grating", http://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/0903/0903.2756.pdf

M. Ostermeyer, D. Puhlmann, and D. Korn, "Quantum diffraction of biphotons at a blazed grating", J. Opt. Soc. Am. B,  Vol. 26, No. 12, 2347 (2009)

C. K. Hong, Z. Y. Ou, and L. Mandel, "Measurement of subpicosecond time intervals between two photons by interference", Phys. Rev. Lett. 59, 2044 (1987)

K.Mattle, H. Weinfurter, P. G. Kwiat, and A. Zeilinger, "Dense coding in experimental quantum communication", Phys. Rev. Lett. 76, 4656 (1996).

A.F. Abouraddy, B.E:A. Saleh, A.V. Sergienko and M.C.Teich, "Double-slit interference of biphotons generated in spontaneous parametric downconversion from a thick crystal", J. Opt. B: Quantum Semiclass. Opt. 3, 50 - 54 (2001)

(zuletzt aktualisiert 2012)