G19 Kohärente Zustände |
Von Schrödinger 1926 eingeführte und von R.J. Glauber (Nobelpreis 2005) 1963 bei Licht neu entdeckte Zustände mit un-be-stimmter Teilchenzahl N (auch "Glauber-Zustände" genannt). Mit ihnen lassen sich Wellen konstruieren, die klassischen elektromagnetischen Wellen im dreidimensionalen Anschauungsraum am nächsten kommen. In solchen Zuständen für eine Lasermode z.B. streuen die elektrische Feldstärke E und die magnetische Feldstärke B sehr stark. Aber ihre Erwartungswerte (Mittelwerte) <E> und <B> verhalten sich genauso wie bei einer klassischen elektromagnetischen Welle, unabhängig von der Amplitude.
Unabhängig von der Amplitude verhalten sich in kohärenten Zuständen bei elektromagnetischen Wellen die Erwartungswerte <E> und <B> des elektrischen und des magnetischen Felds wie bei einer klassischen elektromagnetischen Welle. |
Ihre Amplitude hängt eng mit der Teilchenzahl N zusammen. Solche Zustände sind Zustände mit un-be-stimmter Amplitude (Teilchenzahl) und un-be-stimmter Phase. Für die Messgrößen Amplitude (Teilchenzahl) und Phase*) gilt eine Un-be-stimmtheitsrelation. Die Teilchenzahl genügt einer Poisson-Verteilung, d.h. sie variiert mit gewissen Abweichungen ΔN in einer bestimmten Weise um einen Mittelwert.
Für sehr große mittlere Teilchenzahl N ist ihre Un-be-stimmtheit ΔN = √N zwar auch sehr groß, die relative Un-be-stimmtheit ΔN / N = 1/√N ist aber sehr klein. Das hat zur Folge, dass für immer größere Teilchenzahl N die Un-be-stimmtheit ΔN immer weniger bemerkbar wird: Für große mittlere Teilchenzahl N sind sowohl die Amplitude (Teilchenzahl) wie die Phase quasi scharf be-stimmt, wie bei einer klassischen Lichtwelle. In solchen Zuständen lässt sich Interferenz auch als Interferenz klassischer Wellen deuten.
Auch andere klassische elektromagnetische Wellen (Radiowellen oder Mikrowellen in einem Hohlraumresonator z.B.) werden quantenmechanisch am besten durch kohärente Photonenzustände, häufig mit extrem großer mittlerer Photonenzahl beschrieben. |
Moderne Experimente manipulieren unter Einhaltung der zuständigen Un-be-stimmtheitsrelation die Teilchenzahl-Un-be-stimmtheit ΔN und damit die Phasen-Un-be-stimmtheit (sie "quetschen" z.B. ΔN) und erzeugen damit "gequetschtes Licht", Licht, das es in der klassischen Theorie des elektromagnetischen Feldes nicht geben könnte.
Im Gegensatz zu kohärenten Zuständen enthalten Fock-Zustände eine be-stimmte Anzahl von Teilchen. Sie heißen auch manchmal "Teilchenzustände" und sind also für Experimente mit einzelnen Photonen (N = 1) zuständig, auch z.B. für Teilchenzwillinge (N = 2). Beim elektromagnetischen Feld in solchen Zuständen sind die Erwartungswerte <E> und <B> immer 0. Sie ähneln also klassischen Wellen gar nicht.
Auch für Bose-Einstein-Kondensate mit Atomen, sofern sie Bosonen sind, oder für Schallwellen in Festkörpern ("Phononen") wurden solche kohärenten Zustände diskutiert. Es ist dann leicht erklärbar, wie sich die gleichen Impulse der beitragenden Teilchen im gemeinsamen Grundzustand auf den Impuls des Gesamtzustands auswirken, bzw. wie es kommt, dass sich die Viel-Teilchen-Wellenfunktion des Kondensats auf eine einfache Einteilchen-Wellenfunktion des BEC-Zustands reduziert. Tatsächlich hängen mit kohärenten Zuständen bei Licht die einzigen Wellen im dreidimensionalen Anschauungsraum zusammen, die in der Quantentheorie auftreten (abgesehen von noch abstrakteren "Feld-Operatoren", die hier nicht erklärt werden sollen).
Seit 2005 sind von zwei Forschergruppen (um Esslinger in Zürich und Westbrook in Orsay) kohärente Zustände auch bei Atomlasern experimentell nachgewiesen. Die Forscher konnten zeigen, dass die Atomzahlen eines Atomlasers der gleichen Poisson-Statistik genügen wie die Photonenzahlen eines Lasers bzw. - als Vorstufe dazu, wenn bei höherer Temperatur kein Atomlaser vorliegt - der gleichen Statistik wie thermisches Licht.
Licht und Materie können sich also auch in Zuständen mit un-be-stimmter Teilchenzahl befinden. |
In solchen Zuständen versagt ein naives Teilchen-Modell mit Sicherheit.
Licht und Materie können auch in Zuständen mit be-stimmter Teilchenzahl, also in Teilchen- oder Fock-Zuständen, sein, was unseren Erfahrungen näher wäre. Von der Quantenphysik ergeben sich in solchen Zuständen aber ganz eigene Erscheinungen.
Kohärente Zustände mit un-be-stimmter Teilchenzahl können aufgefasst werden als Überlagerungs-Zustände von Fock-Zuständen mit allen möglichen be-stimmten Teilchenzahlen.
*) Genauer - nach R. Loudon ("The quantum theory of light") - für Teilchenzahl N und cos(φ) oder sin(φ).
.
( aktualisiert 2014 )