G46a Dekohärenz - Schrödingers Katzenparadoxon |
Das berühmte Schrödinger'sche Katzenparadoxon wurde schon
sehr früh folgendermaßen diskutiert [ich folge hier einer Darstellung
von H.S. Green (Quantenmechanik in algebraischer Darstellung, Springer
1966)]:
Ein von außen kommendes Photon löse in einem sonst
lichtdicht abgeschlossenen Kasten zufallsgesteuert einen Mechanismus
aus, durch den eine eingeschlossene Katze getötet werden kann oder auch
nicht.
Vordergründig müsste so argumentiert werden: Die Katze sei
dann in einem Überlagerungszustand von tot und lebendig (bis jemand den
Kasten öffnet). Es sei bis dahin un-be-stimmt, ob die Katze noch
lebendig oder schon tot sei. Das sei bei einem Lebewesen (oder anderen
makroskopischen Körpern) nicht vorstellbar, außerhalb der menschlichen
Erfahrung. Es wurde für paradox gehalten.
Früh schon wurde dagegen so argumentiert, wenn auch nicht
unumstritten: Das stimme keineswegs. Seit dem Augenblick, an dem das
Photon den Mechanismus ausgelöst habe, sei es lediglich noch ungewiss,
in welchem Zustand sich die Katze befinde. Es sei dann sehr wohl
be-stimmt, ob sie tot oder lebendig ist. So wurde also schon früh das
scheinbare Katzenparadoxon als Lehrbeispiel für die Begriffe un-be-stimmt
und ungewiss herangezogen.
Moderne Experimente bestätigen diese Meinung, wenn auch
nicht bei einem makroskopischen System, so doch an einigermaßen
komplexen mikroskopischen Systemen: an Molekülen mit zwei möglichen
Zuständen. Zunächst befindet sich das Molekül in einem
Überlagerungszustand von beiden. Der Zustand des Moleküls ist also
un-be-stimmt. Das Molekül kann aber nicht vollständig von der Umgebung
isoliert werden. Wegen der Ankopplung an die Umgebung, z.B. durch den
Austausch von Infrarot-Photonen, geht das Molekül in einer unvorstellbar
kurzen Zeit von typisch 10-20 s in einen be-stimmten Zustand
über. Von da an ist, wenn der Experimentator nicht "nachschaut", der
Zustand des Systems tatsächlich nur noch ungewiss. Je größer das System
ist, desto kürzer ist die Dekohärenzzeit, bei makroskopischen
Gegenständen unmessbar klein.
Es ist damit geklärt, weshalb sich makroskopische
Gegenstände offenbar anders verhalten (aber in Einklang mit der
Quantentheorie) als mikroskopische Körper. Die extrem kurze
deBroglie-Wellenlänge makroskopischer Gegenstände wegen ihrer großen
Masse ist ein weiterer Grund. Bei elektromagnetischen Wellen
(Lasermoden, Radiowellen), Schwingungen in Festkörpern (kohärente
Phononen) und möglicherweise Atomlasern
beschreiben kohärente Zustände, weshalb
sich solche quantenmechanischen Systeme ähnlich wie klassische Systeme
verhalten.
( August 2014 )