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© Horst Hübel Würzburg 2005 - 2014

Aufgabenbeispiel
 Einige "einfache" Aufgaben zur Induktion

Diese Aufgaben sind dazu geeignet, dass sich der Lehrer selbst eine Übersicht über die Thematik verschafft.

Es soll nicht angeregt werden, die Inhalte davon in den Schulunterricht zu übernehmen.

Die Behandlung dieser Aufgaben im Unterricht könnte für Schüler evtl. sogar kontraproduktiv sein. Damit der Lehrer aber nicht in Versuchung gerät, falsche Vorstellungen weiterzugeben, empfiehlt es sich, sie gründlich zu studieren.

Themen

Vgl. Brandt, S., Dahmen, H.D.: Physik, eine Einführung in Experiment und Theorie, Bd. 2, Elektrodynamik, Springer-Verlag, 1986.

Eine Rückwirkung des Induktionsstroms auf den magnetischen Fluss soll vernachlässigt werden. Im Hinblick auf die Lenz'sche Regel scheint das zunächst problematisch. Es sind jedoch Parameter wählbar, so dass der Induktionsstrom klein sein kann und deshalb nur einen kleinen Gegenfluss erzeugt. Ein anderes richtiges Argument ist, dass in alle Feldgleichungen eigentlich nicht die Felder "vor dem Effekt" eingehen, sondern die Felder "während des Effekts", also die durch den Effekt evtl. bereits veränderten Felder. Wie man diese so erzeugen kann, dass sie genau den folgenden Aufgaben entsprechen, bleibt offen.

Aufgabe 1:

Eine rechteckige Leiterschleife mit den Abmessungen l und a bewege sich mit konstanter Geschwindigkeit v auf einen rechteckig begrenzten Magnetfeld-Bereich zu, in dem eine konstante magnetische Flussdichte B herrscht, und dann durch den Magnetfeld-Bereich hindurch. Die Leiterschleife soll verschwindenden elektrischen Widerstand haben.

a) Entscheiden Sie spontan (Spannung im Sinn von Potenzialdifferenz):

 

Klicken Sie Ihre Wahl an!

 b) Berechnen Sie die Änderungsrate des magnetischen Flusses!

c) Stellen Sie die Ringspannung in Abhängigkeit von der Zeit dar!

d) Berechnen Sie den Induktionsstrom in Abhängigkeit von der Zeit und stellen Sie ihn - passend zur Zeichnung von Aufgabe c) graphisch dar!


Lösung:

Zu b)

Keine Induktion findet statt, wenn sich die Leiterschleife ganz außerhalb des Magnetfelds befindet oder ganz im Magnetfeld. Nur wenn sich der magnetische Fluss ändert, findet Induktion statt. Zur Zeit t = 0 beginne die Leiterschleife, ins Magnetfeld einzutreten.

Beim Eintritt:

 DF = B·v·Dt·l

Daraus ergibt sich eine Ringspannung Ui = - DF /Dt = - B·v·l. Ebenso erhält man beim Austritt:

DF = - B·v·Dt·l               bzw.                          Ui = B·v·l

In  beiden Fällen hängt die Ringspannung von der Geschwindigkeit der Leiterschleife ab, wie man es auch erwartet.

Zu c)

Durch die Lorentz-Kraft auf die Elektronen im Leiterbügel, der sich im Magnetfeld bewegt,  werden alle Leitungselektronen im ganzen Leiterring in Bewegung gesetzt. Es soll angenommen werden, dass es keine Stoßwellen von Elektronendichten gibt, sondern dass sich die Elektronen überall im Ring instantan  in Bewegung setzen.

Die Elektronendichte (der Leitungselektronen) sei n. Die einheitlich angenommene Querschnittsfläche des Leiters sei A. In einem Volumen der Länge x befinden sich dann n·A·x Elektronen.

Beim Eintritt:

In der Zeit Dt wird auf die Elektronen im Leiterbügel der Länge l ein Kraftstoß bzw. ein Impuls übertragen. Betroffen sind n·A·l Leitungselektronen, die alle die Lorentz-Kraft e·v·B erfahren. Daraus ergibt sich insgesamt eine Impulsänderung um Dp = n·A·l. e·v·B· Dt. Diese wird an alle Leitungselektronen übertragen, also an n·A·2·(l+a). (Hier geht also die ganze Länge, der Umfang, des Leiterrings ein.) Indem diese bei einer Gesamtmasse m = n·A·2·(l+a)·me beschleunigt werden, stellt sich eine einheitliche Geschwindigkeit u ein, die mit der Zeit Dt wächst. Es gilt:

u = Dp/m = e·v·B·Dt·l/( 2(l+a)·me )

In der Zeit Dt strömen n·A·u·Dt Elektronen an einer Messstelle vorbei und es ergibt sich die Stromstärke I = n·A·u·Dt·e/Dt = n·A·u·e = n·A·e2·v·B·l/( 2(l+ame )·Dt = n·A·e2·v·B/( 2(1+a/lme )·Dt . Mit dem jeweils die Leiterschleife durchsetzenden magnetischen Fluss DF = v·l·B·Dt  erhält man:

     I = n·A·e2/( 2(l+a)·meDF    

Das ist ein bemerkenswertes Ergebnis:

1. Es besagt, dass trotz des verschwindenden Widerstands die Stromstärke endlich bleibt! Grund ist die Trägheit der Leitungselektronen, die erst allmählich durch das elektrische Feld in Bewegung gesetzt werden. Offenbar gilt das Ohmsche Gesetz nicht!

2. Die Stromstärke ist proportional zum jeweiligen die Leiterschleife durchsetzenden magnetischen Fluss DF. Sie hängt sonst nicht mehr von der Geschwindigkeit ab.

3. Sie hängt vom Leitermaterial ab und zwar über die Ladungsträgerdichte n.

Solange sich die Leiterschleife ganz im Magnetfeld bewegt, bleibt dieser Strom auch ohne weitere Induktion(sspannung) bestehen, weil die Elektronen keinen Widerstand erfahren. Wegen ihrer Trägheit bewegen sie sich ungebremst weiter. Hier liegt also ganz klar ein elektrischer Strom ohne Spannung als Ursache vor!

Beim Austritt erfahren sie wieder eine Lorentz-Kraft in umgekehrte Richtung und werden abgebremst. Auch insgesamt ergibt sich die Proportionalität zwischen der Stromstärke und dem magnetischen Fluss DF, der die Leiterschleife senkrecht durchsetzt.

4. Die Verhältnisse hier sind ganz anders,  wenn die Leiterschleife einen endlichen Widerstand hat. Dies wird in der Regel bei Aufgaben in der Schule oder z.B. bei einer Grundkurs-Abituraufgabe stillschweigend vorausgesetzt. In jenem Fall sind Spannung U und Stromstärke I zueinander proportional, haben also gleichen Zeitverlauf. Dann verschwinden auch Induktionsstrom und Ringspannung, wenn sich die Leiterschleife ganz im homogenen Feld bewegt! Bei einem endlichen Widerstand wäre I prop. zu U und damit zur Zeitableitung von F!

Zu Aufgabe 1: Bewegung einer widerstandslosen Leiterschleife
mit konstanter Geschwindigkeit durch einen Bereich mit homo-
genem Magnetfeld: Obwohl im Inneren des Magnetfeldbereichs
keine Induktion stattfindet, fließt dort ein konstanter Induktions-
strom, ganz anders als im schulisch üblichen Fall!


Aufgabe 2:

Eine kreisförmige Leiterschleife vom Radius r mit verschwindendem elektrischen Widerstand soll senkrecht von einem zeitlich veränderlichen Magnetfeld durchsetzt werden.

a) Berechnen Sie die Ringspannung, wenn für B gilt : B = B0 sin (w t)!

b) Berechnen Sie die Stromstärke I des Induktionsstroms dabei!

c) Stellen Sie die Zeitabhängigkeit von  magnetischem Fluss DF  , Ringspannung U  und Stromstärke I in geeigneten Diagrammen einander gegenüber.


Lösung:

Zu a)

Bei konstanter Windungsfläche A = r2p gilt für den magnetischen Fluss F:

F = B·A = r2pB

Für die Ringspannung erhält man durch Zeitableitung:

U = - DF/Dt = - r2pB0·w·cos ( w·t)

Hieraus ergibt sich für das Wirbelfeld längs des Leiterrings eine elektrische Feldstärke E = U/(2rp) = - 0,5 rB0·w·cos (w·t)

Zu b)

Im Leiter befinden sich n·A·2·r·p Leitungselektronen. Auf jedes einzelne wirkt eine elektrische Kraft F =   e·E

F = - 0,5 e·r·B0·w·cos (w·t)

Daraus ergibt sich die Beschleunigung jedes einzelnen Elektrons zu

a =   - 0,5 e·r·B0·w/me cos(w·t)

Durch Integration erhält man  die Geschwindigkeit eines Leitungselektrons ( u(t=0) = 0 )

u =  - 0,5·e·r·B0/me sin(w·t)

Für die Stromstärke ergibt sich damit wieder

I = n·A·u·Dt·e/Dt = - ne2·A·0,5·r·B0/me·sin(w·t)

oder mit F = r2pB0·sin (w·t):

I = - n·e2·A/(2·r·p·me) · F

Die Stromstärke I in einer widerstandslosen Leiterschleife ist damit wieder proportional zum momentanen magnetischen Fluss F! Bei einem endlichen Widerstand wäre I prop. zu U und damit zur Zeitableitung von F!

Folgerungen für die widerstandslose Leiterschleife:

1. Stromstärke und Ringspannung sind phasenverschoben.

2. Der Induktionsstrom hängt (außer indirekt über F ) im Unterschied zur Spannung nicht von der Frequenz ab, mit der sich das Magnetfeld ändert.

3. Der Induktionsstrom hängt vom Leitermaterial ab, und zwar über die Dichte der Leitungselektronen n.


Aufgabe 3:

Versuchen Sie, auch für den allgemeinen Fall der Induktion längs eines widerstandslosen geschlossenen Leiters der Länge l die Vermutung zu beweisen:

I = n·e2·A/(l·me) · F

Es ist dann noch zu überlegen, ob diese Verhältnisse näherungsweise auch noch gelten, wenn der Widerstand sehr klein ist (im Vergleich zu welchem anderen? Vgl. Drude-Lorentz-Modell der Leitfähigkeit, z.B. in Gerthsen/Vogel/Meschede.).

Hinweise:

1. Hat der Leiter einen nicht verschwindenden ohmschen Widerstand, sind die Aussagen hier sehr stark zu modifizieren. Aus dem Ohmschen Gesetz j = s · E sollte sich hier eine Proportionalität zwischen I und U ergeben! Vgl. Drude-Lorentz-Modell der Leitfähigkeit, z.B. in Gerthsen/Vogel/Meschede.

2. Durch die vorstehenden Überlegungen ist wieder einmal geklärt: Nicht in jedem Fall ist eine Spannung U als Ursache eines Stromes nötig. (Newton wirkt auch hier!)

3. Es wird klargestellt, dass das elektrische Wirbelfeld Ursache für den elektrischen Strom ist, hier, beim widerstandslosen Leiter, also für das Verändern des elektrischen Stromes.


Aufgabe 4:

Wechselstrom durch Leiter ohne Widerstand

An einem widerstandslosen Leiter der Länge l mit der Querschnittsfläche A soll eine Spannung U = U0·sin(w·t) angelegt werden. Daraus ergibt sich eine elektrische Feldstärke E = U/l und auf jedes Leitungselektron die Kraft F = e·U/l. Dies führt zu einer Beschleunigung aller Leitungselektronen des Drahtstücks a = eU0/(l·me)·sin(w·t) . Nach Integration erhält man wieder für die Elektronengeschwindigkeit u = e·U0/(l·me·w)·cos(w·t) .

Daraus ergibt sich die Stromstärke

I = n·e·A·u·Dt/Dt = n·e2·A·U0/(l·me·w)·cos(w·t) .

Wieder stellt man fest:

1. Bei fehlendem Ohmschen Widerstand sind U und I  gegeneinander um 900 phasenverschoben: Der Leiter nimmt (gemittelt über eine Periode) keine Energie auf.

2. Eine endliche Spannung U führt nicht zur beliebig großen Stromstärke, die man bei verschwindendem Widerstand erwarten würde. Es ergibt sich ein Wechselstrom mit der Amplitude I0 = n·e2·A·U0/(l·me·w). Daraus ergibt sich für den Leiter der Länge l ohne ohmschen Widerstand ein Wechselstromwiderstand R = l·me·w / (n·e2·A).


Hinweise:

1. Diese Überlegungen sind mit einer der London-Gleichungen der Supraleitungstheorie eleganter durchzuführen. Dort wird nämlich allgemein eine Beziehung zwischen Stromdichte und elektrischer Feldstärke hergeleitet:

Jedes Leitungs-Elektron wird durch die elektrische Kraft mit dem Betrag e·E beschleunigt. Es gilt also:

(1)     me·a = e·E

andererseits gilt für die Stromdichte j (Stromstärke pro Querschnittsfläche A):

j = n·u·e bzw. dj/dt = j· = n·a·e, also nach Multiplikation der Gleichung (1) mit n·e/me:

n·e·a = n·e2/me·E.

Damit lautet die erste London-Gleichung für die zeitliche Ableitung der Stromdichte:

(2)   j· = n·e2/me·E

Das Programm für die vorstehenden Aufgaben ist also stets folgendes: Aus der Induktion folgt die elektrische Feldstärke E des Wirbelfeldes (auch bei Benutzung der Lorentz-Kraft gilt ja im mit dem Leiter mitbewegten Bezugssystem: E = v x B). Dann wird die London-Gleichung (2) integriert und liefert die Stromdichte j bzw. die Stromstärke I. Wegen dieser Integration veränderte sich in Aufgabe 1 die Stromstärke linear, kam in den Aufgaben 2 , 3 und 4 die Phasenverschiebung zwischen Ringspannung bzw. Spannung und Stromstärke zustande.

2. Beim widerstandslosen Leiter mit einer angelegten Wechselspannung besteht eine nicht verschwindende elektrische Feldstärke zwischen den Enden des Leiters, obwohl man das nach dem - hier nicht gültigen - Ohmschen Gesetz mit j = s·E  mit s -> ¥ nicht erwarten würde.

Eine andere Form der London-Gleichung ist j(r) = -e2·n/me·A(r). Berechnet man das Kurvenintegral über einen geschlossenen Stromweg (òo), erhält man

        òo j(r) · dr = -e2n/me  òo  A(r)·dr

                                  = -e2n/me  ò  rot A(r)·df     (wegen des Stokesschen Satzes)

                                  =  -e2n/me ·  F  (wegen rot A = B, die magnetische Flussdichte)

Bei konstanter Stromdichte j längs des geschlossenen Leiters der Länge l und der Querschnittsfläche A erhält man also für die Stromstärke I:

(3)      I =   - e2n/me · A/l  · F

Die Gleichung stimmt bis auf das Vorzeichen mit dem früher elementar hergeleiteten Ergebnis überein und verknüpft also direkt I und den magnetischen Fluss F.

(zuletzt aktualisiert Juni 2013)