G75 Bertlmanns Socken |
Dieses Schlagwort ist nach einem österreichischen Physiker benannt, der am CERN bei Genf arbeitete. Er hatte angeblich die Gewohnheit, stets zwei verschieden farbige Socken zu tragen. Sah man ihn aus der Tür treten, so konnte man - wenn bereits eine Socke sichtbar war, z.B. die grüne - unzweifelhaft voraussagen, dass die andere nicht grün sein konnte, auch, wenn diese noch nicht sichtbar war.
Man ist geneigt, diese als ein Bild für Eigenschaften eines Zweiteilchen-Zustands anzusehen. Statt der Farbe der Socke könnte man hier den Spin eines der beitragenden Teilchen betrachten. Wenn der Gesamtspin des Zweiteilchen-Zustands 0 ist, kann man nach der Messung des einen Teilchenspins unzweifelhaft voraussagen, dass der andere entgegengesetzt dazu sein muss. Die Situation von Bertlmanns Socken ist aber nicht die Situation, die bei verschränkten Zweiteilchen-Zuständen vorliegt. Bei Herrn Bertlmann stand die Farbkombination der verwendeten Socken bereits nach dem Anziehen fest; der Beobachter kannte sie nur nicht (Ungewissheit statt objektiver Un-be-stimmtheit). Aus der Regel "nie gleiche Farbe" konnte der Beobachter seine Wissenslücke für die zweite Socke schließen.
Bei einem Photonen- oder Elektronenzwilling haben die beiden Einzel-Teilchen ohne eine Messung keine be-stimmten Eigenschaften (vgl. "Dreiklang des verschränkten Systems"). Die Natur entscheidet sich erst bei einer Messung für eine Kombination von Eigenschaften der beiden Teilchen. Dann aber können wir auf Grund von Erhaltungssätzen ("Regeln" bzw. "Geburtsurkunde") aus dem Messergebnis an einem Teilchen und dem bekannten Gesamtzustand ähnlich wie bei Bertlmanns Socke auf die Eigenschaft des zweiten Teilchens schließen, aber eben nur, nachdem durch die Messung solche Eigenschaften entstanden (be-stimmt geworden) sind.
(aktualisiert 2018)