V31 Quantenschwebungen - das Ramsey-Interferometer |
Raimond, Brune, Haroche 2001
(1) Rubidium-Atome, die in einen Zustand mit der Hauptquantenzahl n1 = 50 hoch angeregt sind, so genannte Rydberg-Atome, durchlaufen eine Ramsey-Zone1. Das ist ein Hohlraumresonator, der auf eine bestimmte Mikrowellenfrequenz so abgestimmt ist, dass die eingestrahlten Mikrowellen atomare Übergänge vom Niveau n1 = 50 auf n2 = 49 und umgekehrt veranlassen. Es sind so atomare Zustände mit den Energien E49 und E50 (oder auch E50 und E51) beteiligt. Die Mikrowellenfrequenz und die Durchlaufzeit der Atome sind so eingestellt, dass ein Überlagerungszustand beider Zustände entsteht, an dem beide mit gleicher Wahrscheinlichkeit beteiligt sind. Im Überlagerungszustand ist die Energie ohne eine Messung un-be-stimmt (weder E49 noch E50). Die Rydberg-Atome erhalten mittels Geschwindigkeitsselektion durch optisches Pumpen einheitliche Geschwindigkeit. Durch ein Mikrowellenfeld werden sie zusätzlich in solchen Energiezuständen in einen Zustand maximalen Drehimpulses gebracht ("zirkulare Rydberg-Atome"). Die Apparatur wird auf 1 K abgekühlt um thermisches Rauschen zu verhindern und die Stabilität der Rydberg-Atome zu gewährleisten. |
(2) Vorversuch: Eine solche Energie-Messung
soll jetzt durchgeführt werden. Hinter der einzigen Ramsey-Zone1
zählt ein selektiver Detektor die Atome im Energiezustand mit n1
= 50. Er findet, dass 50% der Atome in diesem Zustand sind; dann
sind 50% der Atome im Zustand mit n2 = 49. Nach dieser
Energiemessung sind die beiden Zustände nicht mehr überlagert; die
Energie ist nach dieser Messung be-stimmt.
Ein selektiver Detektor könnte z.B. den Atomen gerade eine solche Energie zuführen, dass Atome mit E50 ionisiert werden, nicht aber Atome mit E49. Die ionisierten Atome werden dann nachgewiesen. |
(3) Versuch: Es wird zusätzlich eine zweite Ramsey-Zone2 verwendet, die die gleichen Übergänge bewirkt. Aber je nach der Laufzeit der Atome bis zur 2. Ramsey-Zone hin entstehen Phasenverschiebungen der Beiträge im Überlagerungszustand. Je nach diesen Phasen im Vergleich zur Mikrowellenphase erfolgt dann in der RZ2 Anregung oder stimulierte Emission, d.h. eine Umbesetzung der Beiträge zum Überlagerungszustand (die Zeichnung soll willkürlich einen höheren Anteil des höherenergetischen Beitrags andeuten). Im selektiven Detektor wird die Energie be-stimmt gemacht und die Zahl der Atome im höherenergetischen Zustand gemessen. (4) Die Besonderheit ist jetzt, dass die Zählrate des Detektors "Schwebungen" mit Maxima und Minima aufweist, wenn der Abstand bzw. die Laufzeit zwischen den beiden Ramsey-Zonen verändert wird (wenigstens im Prinzip; man kann auch die Mikrowellenfrequenz ändern). Es entsteht offenbar eine Art Interferenz. |
(5) Grund ist, dass wieder zwei klassisch denkbare
Möglichkeiten zum Messergebnis für den höherenergetischen
Zustand mit n1 beitragen, zwischen denen nicht
unterschieden wird:
a) Das Atom läuft von der ersten zur zweiten Ramsey- Zone mit der höheren Energie. b) Das Atom läuft von der ersten zur zweiten Ramsey- Zone mit der niederen Energie und wird dort angeregt. Auf den beiden unterschiedlichen klassisch denkbaren "Energiewegen" entsteht ein Gangunterschied, der zu konstruktiver oder destruktiver Interferenz führt, je nach Abstand der beiden Ramsey-Zonen. |
(6) Hätte man die Energie auf dem Weg
zwischen beiden Ramsey-Zonen ermittelt (entspräche Gewinnung von
WWI) - etwa wie nach dem Vorversuch, theoretisch am besten ohne
die Atome klassisch zu beeinflussen, gibt es den
Überlagerungszustand nicht mehr, es kann keine Interferenz
stattfinden.
Das entspricht den Verhältnissen an einem Mach-Zehnder-Interferometer, wenn man statt mit "Weg" jetzt mit "Energie-Weg" argumentiert. WWI müsste jetzt hier "Welche-Energie-Information" heißen. Sie und Interferenz sind auch hier komplementär zueinander, schließen sich gegenseitig aus. |
E | 1. Die Vorstellung von Interferenz als Indiz für die Konkurrenz
von klassisch denkbaren Möglichkeiten, zwischen denen nicht
unterschieden wird, bestätigt sich auch hier.
2. Welcher-Weg-Information und Interferenz schließen sich gegenseitig aus, sind komplementär, auch wenn als Weg jetzt der "Energieweg" zwischen beiden Ramsey-Zonen genommen wird. |
Ramsey erhielt 1989 zusammen mit Paul und Dehmelt den Nobelpreis.