Würzburger Quantenphysik- Konzept

G30 Kollaps der Wellenfunktion

Schrödinger-Gleichung  Wellenfunktion

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Eine Wellenfunktion  in der Schrödingerschen Formulierung der Quantenmechanik ist ein Hilfsmittel zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten, mit denen bei realen Messungen be-stimmte Messergebnisse für Zustände mit fester Teilchenzahl (n = 1, 2, 3, ... ) eintreten werden.

In der Regel ist vor einer Ortsmessung, z.B., der Ort eines Teilchens völlig un-be-stimmt, d.h. die Wahrscheinlichkeit, es an einer beliebigen Stelle des Raums zu finden, ist i.A. von Null verschieden. Findet man jedoch bei einer Messung das Teilchen in der Nähe eines bestimmten Ortes, so muss die Wahrscheinlichkeit es sonstwo zu finden, Null werden. Instantan hat sich also die Wellenfunktion überall im Raum verändert, auch hinter den fernsten Galaxien. Die Information "Teilchen hier und nirgendwo sonst" hätte also in den ganzen Raum hinaus mit Überlichtgeschwindigkeit transportiert werden und eine Änderung hervorrufen müssen, wenn solche Wellen bzw. Wellenfunktionen realistisch wären. Das ist unmöglich.

Diese plötzliche Veränderung der Wellenfunktion im ganzen Raum bezeichnet man als "Kollaps der Wellenfunktion". Er hat manche Rätsel aufgegeben und ist immer noch umstritten. Fasst man die Wellenfunktion jedoch nicht als realistische Größe auf, die sich bei einer Messung "real", "materiell", ... im Raum verändere, sondern lediglich als Rechengröße zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten, verliert das Phänomen alles Geheimnisvolle, sondern erscheint sogar als eine Denknotwendigkeit. Zeilinger (S. 194) formulierte das so: "Der Kollaps der Wellenfunktion ist aber dann nicht etwas, was im wirklichen Raum stattfindet.", und kurz zuvor:

"Die Annahme, dass sich diese Wahrscheinlichkeitswellen tatsächlich im Raum ausbreiten, ist also nicht notwendig - denn alles, wozu sie dienen, ist das Berechnen von Wahrscheinlichkeiten. Es ist daher viel einfacher und klarer, die Wellenfunktion ψ nicht als etwas Realistisches zu betrachten, das in Raum und Zeit existiert, sondern lediglich als mathematisches Hilfsmittel, mit Hilfe dessen man Wahrscheinlichkeiten berechnen kann. Zugespitzt formuliert, wenn wir über ein bestimmtes Experiment nachdenken, befindet sich ψ nicht da draußen in der Welt, sondern nur in unserem Kopf."