G58 Lebensdauer - mittlere Lebensdauer |
Natürlich leben Atome überhaupt nicht. Auch keine atomaren Zustände. Wenn man ein Atom oder Ion anregt, also seine innere Energie erhöht, geht es in einen "angeregten Zustand" über. Aus diesem kehrt das Atom nach nicht vorhersagbarer Zeit in einen energetisch tieferen Zustand zurück, ein Vorgang des objektiven Zufalls. Dabei sendet es meist ein Photon mit der Differenzenergie aus. Die Verweildauer im angeregten Zustand würde man gerne als Lebensdauer des angeregten Zustands definieren, aber diese ist ja keine bestimmte Größe, eben zufällig. Beim gleichen Atom oder bei identischen Atomen in der gleichen Situation gibt das Atom einmal nach 10-8 s, ein andermal erst nach 10-6 s seine Überschuss-Energie in Form eines Photons ab. Deswegen untersucht man die Statistik dieser Verweildauern und definiert ihren - mit einem bestimmten Verfahren berechneten - Mittelwert als mittlere Lebensdauer oder kurz Lebensdauer. Es ist heutzutage möglich, mittlere Lebensdauern von angeregten Zuständen von einigen 10 Sekunden zu erzeugen. Typische Werte sind aber eher in der Größenordnung von 10-8 s.
Die tatsächliche mittlere Zeit für die Emission eines Photons hängt außer vom strahlenden Atom (s. natürliche Linienbreite) auch von seiner Umgebung ab. Besonders in Gasen unter hohem Druck sorgen Nachbaratome durch Stöße dafür, dass das Atom "vorzeitig" seine Energie in Form eines Photons abgibt (s. Stoßverbreiterung). So kommt man z.B. bei einer Glühlampe auf eine typische Emissionsdauer von 10-14 s.
Wegen der HUR ist eine kurze Lebensdauer immer mit einer großen Energie-un-be-stimmtheit verbunden und umgekehrt. Je kurzlebiger ein Übergang ist, desto größer ist die Linienbreite der emittierten Spektrallinie. Umgekehrt, wenn man Licht mit sehr scharfen Spektrallinien erzeugen möchte, muss man Übergänge mit großer Lebensdauer suchen oder die Lebensdauer künstlich vergrößern, z.B., indem man mit einem Hohlraumresonator die Strahlungsemission unterdrückt.