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Konfigurations- und Anschauungsraum |
Der Anschauungsraum ist der dreidimensionale Raum, der uns umgibt. Wir bewegen uns im Anschauungsraum, genauso wie ein klassisches Teilchen. Auch das Labor, in dem wir Messungen durchführen, befindet sich im Anschauungsraum. Wenn wir fragen, wie sich ein klassisches Teilchen bewegt, geben wir die drei Ortskoordinaten im Anschauungsraum in Abhängigkeit von der Zeit an. Wir denken daran, dass dazu auch drei Geschwindigkeitskoordinaten (Impulskoordinaten) gehören. Wir haben auch eine Vorstellung, wie die Bewegung eines klassischen Teilchen "aussieht". Wir können sie auch im Video "sichtbar" machen.
In der Quantenphysik fragen wir eher nach der Wahrscheinlichkeit, in der
Umgebung einer Stelle P1 (im Anschauungsraum) ein Teilchen zu
finden. Nur bei einem klassischen Teilchen können wir mit Recht
annehmen, dass es sich dort vorher auch
"aufgehalten" hat. Der Anschauungsraum ist ein 3-dimensionaler Ortsraum;
die drei Ortskoordinaten und die drei Impulskoordinaten /
Geschwindigkeitskoordinaten spannen einen 6-dimensionalen Phasenraum
auf. Um den geht es hier nicht.
Zustände in der Quantenphysik werden durch komplexwertige Wellenfunktionen
ψ beschrieben. Für ein Zweiteilchen-System muss ψ von den Koordinaten der
beiden Teilchen abhängen. Die Konfiguration eines solchen Systems wird in
diesem Fall (abgesehen von Spin-Koordinaten) durch 6-Koordinaten x1,
y1, z1 und x2, y2, z2
vollständig beschrieben. Der Raum, in dem sich ψ verändert, ist also ein
abstrakter 6-dimensionaler Konfigurationsraum (nach Heisenberg).
Man schreibt häufig ψ(r1,r2,t),
wobei der Ortsvektor r1 durch die 3 Koordinaten x1,
y1, z1 beschrieben wird. Einen Zusammenhang mit dem
Anschauungsraum finden wir wieder, wenn wir nach der Wahrscheinlichkeit
fragen, ein Quantenteilchen in der Umgebung eines Ortes P1 und
ein Quantenteilchen in der Umgebung eines Ortes P2 zu finden. P1
und P2 sind dann zwei Punkte im 3-dimensionalen
Anschauungsraum.
Die ψ-Wellen breiten sich im Konfigurationsraum aus, nicht im Anschauungsraum! |
Ähnlich gibt es für 1 Teilchen zum 3-dimensionalen Anschauungsraum einen
abstrakten 3-dimensionalen Konfigurationsraum. Viele
Interpretationsprobleme ergaben sich in der Geschichte der Quantentheorie
aus der Tatsache, dass der 3-dimensionale Konfigurationsraum isomorph ist
zum 3-dimensionalen Anschauungsraum. ψ(r1,r2,t)
jedoch stellt eine (abstrakte) Welle im 6-dimensionalen Konfigurationsraum
dar. |ψ(r1,r2,t)|2·Δr1·Δr2
ist dagegen die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen
in der Umgebung Δr1 des Ortes r1 und
ein Teilchen in der Umgebung Δr2 des Ortes r2
zu finden, für Orte r1, r2 im Anschauungsraum.
(Die Zeitkoordinate wird hier immer weggelassen.)
ψ(r) | r Punkt im 3-dimensionalen Konfigurationsraum, in dem sich die abstrakten ψ-Wellen ausbreiten |
|ψ(r)|2·Δr | r
Punkt im 3-dimensionalen Konfigurationsraum, in dem sich die
ψ-Wellen
ausbreiten; mit der Deutung als Wahrscheinlichkeit
dafür, in der
Umgebung des Punkts r im Anschauungsraum ein Teilchen
nachzuweisen; r zugleich auch ein Punkt im isomorphen 3-dimensionalen Anschauungsraum. Dort wird eventuell eine Messung vorgenommen. |
ψ(r1, r2) | (r1, r2) Punkt im 6-dimensionalen Konfigurationsraum, in dem sich die ψ-Wellen ausbreiten |
|ψ(r1,r2)|2·Δr1·Δr2 | Wahrscheinlichkeit dafür, in der Umgebung der Stelle r1 und zugleich in der Umgebung der Stelle r2 im 3-dimensionalen Anschauungsraum je ein Teilchen nachzuweisen. Die Umgebungen haben die Volumina Δr1 und Δr2 . |
ψ(p) | p
Punkt im 3-dimensionalen Impuls-Konfigurationsraum, in dem sich die
abstrakten
ψ-Wellen
ausbreiten. Zu ihm gibt es keinen Anschauungsraum. ψ(p)
ist geeignet für 1 Teilchen. |
Einen starken Hinweis, dass es sich um Wellen in Konfigurationsräumen handelt, ergibt sich aus Interferenz-Experimenten mit sehr komplexen Molekülen, wie Fulleren-Molekülen. Dort kann der hochdimensionale Konfigurationsraum (bei 60 Atomen mit 3 x 60 Dimensionen) durch Abseparation der Schwerpunktsbewegung in einen 3-dimensionalen Unterraum und einem weiteren höherdimensionalen Konfigurationsraum zerlegt werden. Die Wellen im 3-dimensionalen Unterraum des Konfigurationsraums führen zur Interferenz an Doppelspalten oder Gittern mit einer deBroglie-Wellenlänge, die sich aus dem Impuls des (gedachten) Schwerpunkts ergibt.
Die Wellen der Quantenphysik im Konfigurationsraum sind immer komplexwertig,
d.h., sie lassen sich statt mit reellen Zahlen nur mit komplexen Zahlen
beschreiben und also nicht direkt messbar sind, weil Messwerte immer mit
reellen Zahlen angegeben werden. Demgegenüber sind z.B. mechanische oder
elektromagnetische Wellen im Anschauungsraum reellwertig, d.h. sie lassen
sich mit reellen Zahlen beschreiben und sind messbar.
Erst nach einer Messung hat es einen Sinn, einem Quantenteilchen einen Ort zuzuschreiben. |
Die so genannte "zeitunabhängige
Schrödinger-Gleichung" kann reellwertige Lösungen aufweisen.
Das widerspricht nicht der obigen Aussage, dass "ψ-Wellen" komplexwertig
seien. Die "zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung" entsteht dadurch,
dass bei der Suche nach Eigenwerten (z.B. der Energie E) von der
komplexwertigen Wellenfunktion ein komplexwertiger Faktor eiEt
absepariert wird. Dann kann der Rest der Wellenfunktion in manchen
Fällen reellwertig sein.
r1 und r2 sind zunächst nicht Teilchenorte, sondern Orte im Anschauungsraum, an denen Messungen vorgenommen werden. Erst durch die Messungen werden sie auch zu Teilchenorten.
Eine ähnliche Situation bei
Polarisationsmessungen wird hier
diskutiert.