Würzburger Quantenphysik-Konzept

V39 Kohärente atomare Schwingungen von Ionenketten

kohärente Zustände

 Atomlaser

Lehrtext/Inhalt    Glossar  Versuchsliste

H.C. Nägerl, D. Leibfried, F. Schmidt-Kaler, J. Eschner, R. Blatt:  (Innsbruck 1998)

Kette von 7 Ca+-Ionen in der Grundschwingung (f = 107 kHz)

Schätzungen ergaben eine Schwingungsamplitude bis zu 10 µm bei einer mittleren Zahl von ca. 105 Phononen.

Auch Schwingungen einzelner Atome oder Ionen unter dem Einfluss geeigneter Kräfte (bei geeigneten Potenzialfunktionen) oder auch von den Kristallbausteinen in regelmäßigen Kristallen können nicht nur mit der klassischen Physik beschrieben werden, sondern auch quantenmechanisch.

Dazu verwendet man die so genannten Phononen. Phononen sind ganz analog zu Photonen, allerdings unterliegen ihre Impulse in langen Ketten oder Kristallen Einschränkungen als Folge der Periodizität des Gitters. Sie gelten als Quasiteilchen. Es stellt sich allerdings heraus: Der Erwartungswert (Mittelwert) ähnelt keinesfalls dem Zeitverhalten einer klassischen Schwingung, solange man Zustände mit be-stimmter Phononenzahl betrachtet, sondern ist 0. Ganz entsprechend ist der Erwartungswert der elektrischen Feldstärke immer 0, wenn man Zustände mit be-stimmter Photonenzahl betrachtet.

Andererseits kann man das elektromagnetische Feld einer Laserschwingung durch kohärente Zustände mit un-be-stimmter Photonenzahl beschreiben. Dann verhält sich der Erwartungswert der elektrischen Feldstärke wie bei einer klassischen elektromagnetischen Welle, und insbesondere bei hoher mittlerer Photonenzahl sind kaum Abweichungen zwischen der Beschreibung durch die Quantentheorie und der durch die klassische Physik bemerkbar.

Ganz entsprechend kann man auch die mechanischen Schwingungen von Atomen und Ionen durch kohärente Zustände beschreiben. Kohärente Phononenzustände sind dann bestimmte Zustände mit un-be-stimmter Phononenzahl. Bei hoher mittlerer Phononenzahl sind dann kaum Abweichungen zwischen den Beschreibungen durch klassische mechanische Schwingungen und der Quantentheorie bemerkbar.

Der Forschergruppe um Prof. Blatt in Innsbruck gelang es 1998, solche kohärenten Zustände bei Ketten von Ca-Ionen in so genannten Fallen herzustellen. Mit einem Trick konnten sie die Ca-Ionen einzeln sichtbar machen: Sie bestrahlten sie seitwärts mit Laserlicht. Das entstehende Fluoreszenzlicht konnten sie mit einer empfindlichen CCD-Videokamera registrieren und von den kohärenten Ionenschwingungen kleine Videofilme (links) drehen.

Kette von 7 Ca+-Ionen in einer Streck-Eigenschwingungen (f = 185 kHz). Wie die Theorie klassischer mechanischer Schwingungen voraussagt, unterscheiden sich beide Eigenfrequenzen um den Faktor Ö3, obwohl die Schwingungszustände quantenmechanisch durch kohärente Zustände mit un-be-stimmter Teilchenzahl beschrieben werden müssen.

(beide Videos mit freundlicher Genehmigung von Dr. Nägerl)

H.C. Nägerl, D. Leibfried, F. Schmidt-Kaler, J. Eschner, R. Blatt: Coherent excitation of normal modes in a string of Ca+ ions, Optics Express 89, Vol 3, No.2, 1998

E
  1. Die Vorstellungen von kohärenten Zuständen von Photonen, mechanischen Schwingungen bzw. Phononen und Atomlasern bewähren sich auch hier. Sie sind heutzutage soweit etabliert, dass sie experimentell untersucht werden können.

  2. Es wird so verständlich, dass die Quantentheorie mit Hilfe von Zuständen un-be-stimmter Teilchenzahl auch bestimmte klassische Beobachtungen richtig beschreiben kann.

Vgl. auch   kohärente Polariton-Zustände in Kristallen experimentell von A. Cavalleri et al. sichtbar gemacht